Vorsorge nicht um jeden Preis: Max More’s Proaktivitätsprinzip setzt auf Common Sense

Eine kürzliche Studie im Fachmagazin Biogeosciences förderte Ungeheuerliches zutage: Wiesenlandschaften sind unter Berücksichtigung aller Teilprozesse eine Quelle von CO2-Treibhausgasen. In der Kurzfassung des von Imer et al. 2013 verfassten Papers lesen wir:

Mean annual soil and plant respiration losses of CO2, measured with opaque chambers, ranged from 5.2 to 6.5 μmol m−2 s−1. [positive numbers indicate a net source]

Im Sinne des Klimaschutzes sollten wir daher nun diskutieren, die klimaschädlichen Grasflächen mit einem Betonsarkophag zu verplomben. Es wird ein paar Jahrzehnte dauern, bis alle Wiesen, Graslandschaften, Golfplätze und Savannen mit Beton überzogen sind, und schön wird es auch nicht aussehen. Aber der Klimaschutz sollte es uns wert sein.

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Der TV-Kritiker Holger Kreymeier stellte vor knapp einem Jahr unser Buch „Die kalte Sonne“ in seiner Sendung vor. Kreymeier nennt das Buch „hochinteressant“ und geht mit dem Klimaestablishment hart ins Gericht, das eine ernsthafte Diskussion zur Problematik bislang aus fragwürdigen Gründen ablehnte:

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Im Fachmagazin Significance, das von der American Statistical Society herausgegeben wird, erschien im August 2013 der aufschlussreiche Artikel „I know I’m right!  A behavioral view of over confidence“. Die Autoren kritisieren den Drang einiger Forscher, von ihren Thesen zu sehr überzeugt zu sein und die unvermeidlichen Unsicherheiten zu verschweigen. Wir erinnern uns: Vor einigen Jahren fehlte nur noch das i-Tüpfelchen bei den Klimamodellen. Heute kann davon keine Rede mehr sein. Der gesamte i-Strich fehlt und nur das Tüpfelchen kann als gesichertes Wissen bezeichnet werden. Hört sich interessant an? Die Klimawissenschaftlerin Judith Curry fasste die Highlights des Significance-Aufsatzes im Lichte der Klimawissenschaften in ihrem Blog Climate etc. zusammen.

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Die Klimaprognosen des IPCC haben eine enorme Streuungsbreite. Die möglichen Szenarien reichen von „fast nichts passiert“ bis „schreckliche Klimakatastrophe“. Wenn es dann an die politische Umsetzung der Prognosen geht, wird in der Regel der schlimmst mögliche Fall ausgewählt und unter dem Hinweis auf das „Vorsorgeprinzip“ (precautionary principle) schmerzhafte und kostspielige Maßnahmen ergriffen. Mit dieser Masche werden Zweifler schnell kaltgestellt. Denn wer will schon Schuld haben, wenn der schlimmste Fall eintritt, sei er auch noch so unwahrscheinlich. Dabei wird jedoch meist übersehen, dass es ein ebenbürtiges Prinzip mit dem Namen „Proactionary principle“ gibt, das vom Philosophen Max More aufgestellt wurde. Judith Curry beschäftigte sich in einem Blogartikel mit dem Modell:

The proactionary principle is presented as an alternative to the precautionary principle.  So what is wrong with the precautionary principle? The precautionary principle has at least six major weak spots. It serves us badly by:

  1. assuming worst-case scenarios
  2. distracting attention from established threats to health, especially natural risks
  3. assuming that the effects of regulation and restriction are all positive or neutral, never negative
  4. ignoring potential benefits of technology and inherently favoring nature over humanity
  5. illegitimately shifting the burden of proof and unfavorably positioning the proponent of the activity
  6. conflicting with more balanced, common-law approaches to risk and harm.

 

Auch Steffen Hentrich erinnerte in einem Artikel im Freie Welt Blog an die Grundzüge:

  1. Das Vorsorgeprinzip geht stets vom Worst-Case-Szenario aus, obwohl dieses unter Unsicherheit auch nicht wahrscheinlicher als weniger schlechte oder gar gut ausgehende Szenarien ist. Unberücksichtigt bleibt dabei auch, dass die Annahme des Worst-Case-Szenarios auch berechtigt wäre, für den Fall, dass der geplante Eingriff in die Umwelt durch den Menschen nicht stattfindet. Technischer Fortschritt und die Einführung neuer Technologien erfolgt in aller Regel lösungsorientiert und Probleme die nicht gelöst werden, können sich ebenfalls zur Katastrophe auswachsen.
  2. Das Vorsorgeprinzip lenkt davon ab, dass die Natur um uns herum nicht paradiesisch, sondern in vielen Fällen sehr gefährlich für den Menschen ist. Infektionskrankheiten, Hunger und Naturkatastrophen sind nicht weniger bedrohlich für den Menschen, als seine Eingriffe in den Naturhaushalt. Je mehr Ressourcen der Mensch in die Vermeidung hypothetischer Bedrohungen investiert, umso weniger bleibt ihm, den Unbilden der Natur etwas entgegen zu setzen. Angst vor der Zukunft bei stoischer Ignoranz der aktuellen Gefahren kann kaum das geeignete Rezept für Nachhaltigkeit sein.
  3. Das Vorsorgeprinzip nimmt an, dass die Mittel und Methoden seiner regulativen Umsetzung stets positive, nie jedoch negative Wirkungen haben. Wer die Realität politischer Entscheidungsfindung kennt, der kann sich dieser Illusion kaum hingeben. Zum einen sind politische Entscheidungen stets das Ergebnis der Kompromissfindung zwischen partikularinteressen vertretenden Gruppen und damit nie nur lösungs-, sondern stets auch verteilungsorientiert. Das führt zwangsläufig dazu, dass die Effizienz und Effektivität der Umweltregulierung leidet. Die Praxis ist voll von Beispielen, in denen Gesetze und Verordnungen mit einem ganzen Rucksack von Nebenzielen überfrachtet werden. Zum anderen reagieren die Adressaten von Umweltregulierung so gut wie nie genauso auf Vorschriften, wie es Politiker und Bürokraten von ihnen erwarten.
  4. Das Vorsorgeprinzip ignoriert systematisch potentielle Vorteile neuer Technologien und gewichtet die Natur stärker als den Menschen. Die Risiken des technologischen Stillstands werden ebenso beiseite gewischt, wie die Gefahren der Gegenwart. Unberücksichtigt bleibt, dass es keinen Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Risiken gibt, weshalb auch eine einseitige Konzentration auf vom Menschen verursachte Risiken kontraproduktiv ist.
  5. Indem das Vorsorgeprinzip das Beweislastprinzip zu Lasten des technischen Fortschritts und menschlicher Eingriffe in die Natur umkehrt, ohne greifbare Hinweise auf ein Risiko vorbringen zu können, vermeiden dessen Protagonisten den Aufwand selbst Belege für eine Schadwirkung finden zu müssen. Das befreit sie nicht nur vom Aufwand für den Nachweis einer Gefahr, sondern auch von der Verantwortung für die Schäden des Nichtstuns und Abwarten.
  6. Das Vorsorgekonflikt steht in klarem Konflikt zum konventionellen Ansatz des Risikomanagements, bei dem derjenige Haftung übernimmt, der tatsächliche Schäden verursacht und zwar in dem Maße, wie das Risiko im voraus abschätzbar war. Das Vorsorgeprinzip schließt eine Haftung für Schäden von vornherein aus und wirkt wie eine einstweilige Verfügung, ohne gerichtliche Anhörung der beteiligten Streitparteien, ohne Beweisaufnahme und ohne Übernahme der Verantwortung für die Schäden der Unterlassung einer Handlung.

Weiterlesen auf freiewelt.net.

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Im August 2013 berichteten wir an dieser Stelle über ein neues Paper von Syun Akasofu im Fachmagazin Climate, in dem der Wissenschaftler sein Modell der Klimabeeinflussung durch Ozeanzyklen beschreibt. Akasofu zählt zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Aus Ärger über die Publikation des Artikels trat nun eines der Mitglieder des Herausgeber Panels zurück. Dies verwundert nicht, denn Chris Brierley vom University College London ist Klimamodellierer, und gerade die Modelliererzunft steht derzeit massiv unter Druck, da sie den seit 1998 anhaltenden Erwärmungsstopp nicht prognostiziert hatte. Es ist unklar, weshalb es sich die Modellierer selber so schwer machen. Wären die Ozeanzyklen berücksichtigt worden, so hätte das Temperaturplateau frühzeitig erkannt und vorhergesagt werden können. Letztendlich ist der Rücktritt vielleicht auch nur ein persönlicher Aufschrei von Brierley, der nun eine kleine wissenschaftliche Auszeit benötigt, um die Problematik gründlich zu durchdenken und dringend benötigte Änderungen an seinen Klimamodellen vorzunehmen. Daher ist seine Entscheidung richtig und zu respektieren. Erst wenn die Ozeanzyklen-Denkblockade überwunden ist, machte es Sinn, dass sich entsprechende Kollegen wieder am wissenschaftlichen Gutachter- und Herausgabeprozess von Fachzeitschriften beteiligen. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass lediglich überholte, fragwürdige Konzepte im Rückzugsgefecht stumpf verteidigt werden, woran der sich weiterentwickelnden Wissenschaft nicht gelegen sein kann.

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Das gefährlichste Tier auf dem Planeten ist der Mensch. Daran besteht kein Zweifel. Der Mensch zündet Atombomben und rottet Tierarten aus. Alles richtig. Da fällt einem gleich das Mammut ein. Gegen Ende der letzten Eiszeit waren unsere Vorfahren wie verrückt auf Mammutfleisch und haben die Mammuts dadurch ausgerottet. Nein, nein, sagt jetzt eine neue Studie in den Proceedings of the Royal Society B, wie die Wiener Zeitung am 11. September 2013 meldete:

Der Klimawandel tötete Mammuts, nicht der Mensch
Hat der Mensch die Mammuts ausgerottet? Eine neue Studie entlastet unsere Vorfahren: Die Klimaerwärmung nach der Eiszeit habe die Tiere zugrunde gerichtet, berichten Forscher in den „Proceedings of the Royal Society B“.

Weiterlesen auf wienerzeitung.at.

Da war er wieder, der böse Klimawandel. Diesmal allerdings ganz ohne Beteiligung des Menschen. Denn diese Vorgänge spielten sich etwa 10.000 Jahre vor der Industrialisierung ab, und die Killer-Erwärmung geht auf ein ganz natürliches Phänomen zurück. Letztendlich haben die Erdbahnparameter das Mammut auf dem Gewissen. Vielleicht gibt es daher bald Erdachsentaumel-Zertifikate oder eine Präzessionssteuer, wer weiß.

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Die BBC sieht in einem Beitrag vom 12. September 2013 durchaus klimatische Auswirkungen der sich gerade entwickelnden, vermutlich jahrzehntelang andauernden solaren Schwächephase. Paul Hudson sieht Parallelen mit dem solaren Dalton Minimum um 1810, als es 25 Jahre lang in Mitteleuropa bitterkalt war. Lesenswert.

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Am 9. September 2013 brachte der Deutschlandfunk ein Interview mit dem Klimaforscher Hans von Storch zur aktuellen Erwärmungspause. Hier ein Auszug:

DLF: Was könnte denn die Ursache für diese Trendverlangsamung sein?

VON STORCH: Grundsätzlich sind da mehrere Kandidaten, die denkbar sind. Zum einen ist das die natürliche Klimavariabilität. Das Klima wackelt auch von alleine und weil es dynamische Prozesse in dem Klimasystem gibt. Diese Variabilität könnte nun mal in eine andere Richtung gehen, hin zu einer Verlangsamung der Erwärmung. Eine andere Erklärung könnte sein, dass wir bisher die Wirkung der Treibhausgase ein bisschen überschätzt haben, dass wir deshalb stärkere Erwärmungen erwartet haben. Oder schließlich, dass ein weiterer Faktor hier mitwirkt: Man könnte da zum Beispiel an die Sonne denken oder Ähnliches.

DLF: Nun wird eingewandt, die Ozeane haben sich weiter erwärmt, von daher wäre der Trend eigentlich gar nicht gebrochen.

VON STORCH: Das könnte schon so sein. Und was hier auffällig ist, ist ja, dass unsere Klimamodelle dieses nicht antizipiert haben. Dieses Erwärmen der Ozeane, oder ein besonders häufiges negatives El-Nino-Ereignis, das sind alle Teile der natürlichen Klimavariabilität, von denen wir bisher gedacht haben, dass unsere Klimamodelle die gut darstellen. Die Möglichkeit, dass dies die Erklärungen sind, ist durchaus gegeben, aber es wirft natürlich kein gutes Licht auf unsere Modelle, dass sie dieses nicht vorwegnehmen konnten.

Ganzes Interview auf dradio.de

 

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