Neue Studien belegen: Meeresspiegelentwicklung im Pazifik ist eng an Ozeanzyklen gekoppelt

Seit mehr als hundert Jahren wird der Meeresspiegel an Küstenpegeln gemessen, die quer über den Erdball verteilt sind. Zwar sind nur punktuelle Messungen möglich, jedoch reichen viele dieser Messreihen weit in die Vergangenheit zurück. Im Gegensatz hierzu können moderne Satelliten flächenhaft Daten sammeln. Ein großer Nachteil ist jedoch, dass es erst seit 1993 Satelliten gibt, die Meeresspiegelmessungen durchführen. Hierdurch ist es schwierig, den langfristigen Anstiegstrend vom Einfluss der Ozeanzyklen zu unterscheiden (siehe unseren Blogartikel „GeoForschungsZentrum Potsdam: Satellitenbeobachtungen zu kurz um Meeresspiegelanstieg bis 2100 abzuschätzen“). In den letzten Jahren wurde immer klarer, dass der Meeresspiegel signifikant durch Ozeanzyklen beeinflusst wird (siehe unsere Blogartikel „Forscherteam der University of Colorado Boulder: Ozeanzyklen haben Meeresspiegelanstieg in den letzten 20 Jahren verstärkt“, „Meeresspiegelentwicklung der letzten 150 Jahre eng an natürliche Ozeanzyklen gekoppelt“ und „Sechzig-Jahres-Ozeanzyklus jetzt auch in der Meeresspiegelentwicklung gefunden“).

Im Pazifik wurden nun weitere Hinweise auf die große Bedeutung von Ozeanzyklen für die Meeresspiegelentwicklung gefunden. So veröffentlichte eine US-amerikanische Forschergruppe um Mark Merrifield von der University of Hawaii at Manoa im Juli 2012 in den Geophysical Research Letters eine Untersuchung zum westlichen tropischen Pazifik. Anhand von Küstenpegelmessungen rekonstruierte das Team die Meeresspiegelentwicklung der Region und fand, dass dem langfristigen Anstieg Schwankungen im Maßstab von mehreren Jahrzehnten überlagert sind. Letztere werden durch die Pazifisch Dekadische Oszillation (PDO) bedingt, einem Ozeanzyklus mit einer Periode von 60 Jahren. Die in den vergangenen Jahren in diesem Meeresgebiet verzeichneten hohen Anstiegsraten gehen nach Ansicht der Autoren auf die positive Phase der PDO zurück. Da nun die negative Phase der PDO beginnt, rechnen Merrifield und Kollegen für die kommenden Jahre mit einer Abschwächung des Meeresspiegelanstiegs im westlichen tropischen Pazifik. In der Arbeit schreiben die Autoren:

The recent high sea level rise rates in the WTP [western tropical Pacific] beyond the global mean rate are a result of increasing trades, which occur when the PDO (SOI) index exhibits a negative (positive) trend. These rates are expected to weaken and reverse when current trends in the indices reverse sign. […] The recent high sea level rise rates in the WTP beyond the global mean rate are a result of increasing trades, which occur when the PDO (SOI) index exhibits a negative (positive) trend. These rates are expected to weaken and reverse when current trends in the indices reverse sign.

Ebenfalls in den Geophysical Research Letters erschien im November 2012 eine Arbeit von Xuebin Zhang und John Church, die sich mit einem ähnlichen Thema beschäftigte. Die Autoren errechneten mithilfe multipler variabler linearer Regression, dass 60% der im Pazifik beobachteten Variabilität im Meeresspiegel auf Ozeanzyklen wie die PDO und El Nino/Südliche Oszillation (ENSO) zurückzuführen sind.

Im August 2013 publizierte eine Forschergruppe um Xuhua Cheng von der Chinese Academy of Sciences in Guangzhou in den Geophysical Research Letters eine Untersuchung zum Nordpazifik. Auf Basis von GRACE-Schwerefeld-Satellitendaten fanden sie einen Einfluss der PDO auf die Meeresspiegelentwicklung im Untersuchungsgebiet.

Im Dezember 2013 veröffentlichte das Journal of Geophysical Research eine Studie einer Forschergruppe um Jae-Hong Moon vom Jet Propulsion Laboratory des California Institute of Technology zur pazifischen Meeresspiegelgeschichte der letzten 50 Jahre. Die Wissenschaftler fanden zwei bedeutende Zeiten, während der sich der Meeresspiegel änderte. Diese ereigneten sich Mitte der 1970er und in den frühen 1990er Jahren und stehe mit der PDO in Zusammenhang. Laut der Studie hat die PDO im westlichen Pazifik den Meeresspiegelanstieg verstärkt, während der Anstieg im östlichen Teil des Pazifiks verlangsamt wurde.

Auch eine Studie von Sasaki et al. zum Meeressiegel in Japan stellte eine Beeinflussung der Entwicklung durch Ozeanzyklen fest. Die Arbeit befindet sich derzeit im Journal of Geophysical Research in Druck.

Zuvor hatte ein Forscherteam um Yusuke Yokoyama von der University of Tokyo im Juli 2012 in den Geophysical Research Letters eine Meeresspiegelrekonstruktion für Nord-Japan für die vergangenen 10.000 Jahre vorgelegt. Interessanterweise lag der Meeresspiegel vor 4000 Jahren etwa 2 Meter höher als heute. Hier spielen offenbar vertikale Ausgleichsbewegungen der Erdkruste nach Ende der letzten Eiszeit eine Rolle.

In unserer kleinen Meeresspiegel-Rundreise durch die aktuelle Literatur wollen wir jetzt nach Australien schauen. Auch dort fanden Wissenschaftler Hinweise auf einen unerwartet hohen Meeresspiegelstand in der vorindustriellen Vergangenheit. Eine Forschergruppe um Nicole Leonard von der University of Queensland publizierte im Dezember 2013 im Fachmagazin The Holocene eine korallengestützte Untersuchung zur Meeresspiegelgeschichte der australischen Moreton Bay für die letzten Jahrtausende. Leonard und ihre Kollegen fanden, dass der Meeresspiegel vor 6600 Jahren zur Zeit des mittelholozänen Klimaoptimums mehr als einen Meter höher lag als heute.

Bereits 2011 war Phil Watson im Journal of Coastal Research der Frage nachgegangen, ob sich der Meeresspiegelanstieg an den Küsten Australiens bereits beschleunigt hat. Hierzu wertete Watson Küstenpegelmessungen der letzten 70 Jahre aus. Überraschenderweise fand Watson keine Beschleunigung, sondern vielmehr eine leichte Verlangsamung des Meeresspiegelanstiegs.

Nils-Axel Mörner und Albert Parker schauten sich kürzlich erneut die Pegeldaten Australiens an und fanden ebenfalls keine Beschleunigung. Die gefundenen Anstiegsraten variierten dabei zwischen 0,1 und 1,5 mm pro Jahr. Die Arbeit erschien 2013 im Fachmagazin Environmental Science.

Im Jahre 2011 ereignete sich eine seltsame Geschichte: Von 2011 bis Mitte 2012 fiel der Meeresspiegel um 5 mm. Eine US-amerikanische Forschergruppe um Carmen Boening vom Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena fand heraus, dass das fehlende Wasser wohl verstärkt abgeregnet ist und insbesondere in Australien, im nördlichen Südamerika und in Südostasien zwischengespeichert wurde. Auf diese Weise füllten sich dadurch Grundwasservorkommen und Seen auf. Die Ursache hierfür sehen die Wissenschaftler im pazifischen Wettergeschehen. Auslöser war wohl der Wechsel von El Nino-Bedingungen 2009/2010, die 2010/2011 durch einen starken La Niña abgelöst wurden. Die Studie wurde im Oktober 2012 in den Geophysical Research Letters veröffentlicht.

Gut ein Jahr später, im August 2013, erschien in den Geophysical Research Letters eine weitere Studie zu diesem Thema. Eine Forschergruppe um John Fasullo vom National Center for Atmospheric Research in Boulder bestätigte den La-Nina-Einfluss und die bedeutende Rolle des in Australien zwischengespeicherten Grundwassers.

Eine Forschergruppe um Abdelali Fadil von der University of Otago untersuchte kürzlich die Meeresspiegelentwicklung Neuseelands im 20. Jahrhundert. Gemittelt über den 100-Jahres-Zeitraum stieg das Meer um 1,46 mm pro Jahr. Das Team fand jedoch markante Veränderungen der Anstiegsrate. Anfangs des Jahrhunderts beschleunigte sich der Meeresspiegelanstieg von 1,46 mm auf 1,72 mm pro Jahr. In den 1930er bis 1950er Jahren verlangsamte sich der Anstieg wieder auf 1,48 mm pro Jahr. Anschließend steigerte sich der Anstieg bis in die Mitte der 1970er Jahr auf 2,6 mm pro Jahr. Im Anschluss scheint sich der Meeresspiegelanstieg wieder verlangsamt zu haben. Möglicherweise haben auch hier wieder die Ozeanzyklen ihre Finger im Spiel. Die Studie erschien im November 2013 im Journal of Geophysical Research.

 

Pazifikkarte: NOAA / public domain.

 

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