Was macht eigentlich…das Methan? Methanaustritte vor Spitzbergen nicht durch Klimawandel bedingt

Am 31. Januar 2014 brachte der Deutschlandfunk einen Beitrag ganz nach IPCC-Geschmack: „Methan – Rätselhaftes Treibhausgas„. Tenor: Der Mysteriöse Methan-Killer wird uns auf jeden Fall fertigmachen. Wie er das allerdings genau anstellen wird, ist noch nicht ganz klar. Lauschen wir dem Deutschlandfunk:

Der Gehalt von Methan in der Atmosphäre ist heute 2,5 mal so hoch wie zu Beginn der Industrialisierung. Doch die Konzentration des Treibhausgases stieg nicht immer gleichförmig. Zwischen 1999 und 2006 gab es sogar eine Phase der Stagnation, Methan nahm praktisch nicht mehr zu. Doch warum? Wirklich sicher sind sich Klimaforscher wie Euan Nisbet nicht. Es gibt nur mehr oder weniger gut begründete Vermutungen: „Die Gasindustrie hat zu dieser Zeit viel Geld investiert, um Lecks in ihren Leitungen und Anlagen zu schließen. Nicht nur in Russland, sondern weltweit. Denn jeder Austritt von Methan bedeutet für die Firmen einen finanziellen Verlust. Die Gas-Produktion ist zwar weiter gestiegen, die Methan-Emissionen dagegen kaum.“

Wilde Spekulationen. Wo sind die harten Zahlen zu dieser ominösen Pipeline-Reparaturtätigkeit? Eine Google-Suche mit den Begriffen „gas pipeline repair statistics“ bleibt ergebnislos.

2007 gab es dann aber eine Trendwende. Seither steigt der weltweite Ausstoß von Methan wieder, und zwar um mehr als 20 Millionen Tonnen pro Jahr. Dahinter vermuten die Forscher zwei wesentliche Quellen. Zum einen erwärmt sich die Arktis seither sehr stark. Ihre Dauerfrostböden tauen auf, und an der Oberfläche entstehen Seen, in denen Mikroben organisches Material abbauen. Dabei entsteht Methan. Ähnliche Prozesse liefen seinerzeit auch in den Tropen ab. Der Atmosphärenchemiker Ed Dlugokencky von der NOAA, der Nationalen Forschungsanstalt für Ozean und Atmosphäre in den USA: „2007 und 2008 zählen zu den bisher regenreichsten Jahren in den Tropen. Unter solchen Bedingungen wird mehr Land überflutet. Dadurch entstehen ebenfalls Sümpfe, und Mikroorganismen in ihnen produzieren zusätzliches Methan.“

Zu blöd. Eine wissenschaftliche Studie hatte die arktische Methan-Bombe nämlich bereits in das Land der Phantasie zurück verwiesen (siehe unsere Blogbeiträge „In der Fachwelt durchgefallen: Fragwürdige arktische Methan-Schadensstudie ohne robuste wissenschaftliche Grundlage“ und „Potsdamer Methan-Klimabombe erweist sich als Blindgänger: Karbonhaushalt in Tundra trotz Klimawandels stabil„). Der arktische Karbonhaushalt ist unerwarteterweise noch immer stabil. Interessanter ist da schon der Hinweis auf die regnerischen Tropen. Ozeanzyklen wie die PDO und AMO sowie Sonnenzyklen führen hier zu einer bedeutenden natürlichen Variabilität der Niederschläge. Dies bleibt möglicherweise auch für das Methan nicht ohne Folgen. Aber nichts Genaues weiß man nicht. Eine Studie eines Teams um Stefanie Kirschke spekulierte zudem im September 2013 in Nature Geoscience, dass der Wiederanstieg des Methans ab 2007 ebenso der Öl- und Gasindustrie anzulasten wäre. Die Methodik bleibt aber unklar, denn die Methanaustritte werden offenbar einfach über die Gasförderrate approximiert, was fragwürdig ist. Die Autoren schreiben im Methodikteil ihrer Arbeit:

We also gather recent data from fossil fuel CH4 emission inventories based on energy use statistics.

Das Wort „repair“ (von wegen Pipelinereparatur) sucht man in dem Paper übrigens vergeblich. Noch einmal zurück zum Deutschlandfunk:

Auch wenn das stimmt [regenreiche Jahre 2007 & 2008 in den Tropen], bleiben noch immer offene Fragen. Zum Beispiel die nach dem verschwundenen Methan. Die Länder der Erde führen heute genau Buch über ihren Treibhausgas-Ausstoß und melden ihn an die Vereinten Nationen. Gemessen an diesen Emissionen enthält die Atmosphäre heute viel zu wenig Methan, wie Geologe Nisbet sagt. Und zwar gut und gerne 20 Prozent. Aber auch diese Zahl sei unsicher. „Noch etwas ist rätselhaft. Atmosphärisches Methan scheint heute vermehrt aus dem leichteren Kohlenstoff Isotop C-12 zu bestehen. Es stammt aus biologischen Quellen. Das deutet darauf hin, daß die Methan-Emissionen aus Feuchtgebieten und Kuhmägen stärker zunehmen als die aus der Kohle- und Gasförderung. Wir wissen aber, daß auch die Energieindustrie im Moment kräftig wächst und folglich mehr Methan freisetzt. In unseren Messungen sehen wir das allerdings nicht.“

Eine Himalaya-Eiskernstudie von Hou et al. aus dem Jahr 2013 versuchte anhand von Eiskernen die vorindustrielle Methan-Konzentration für die vergangenen 1200 Jahre zu rekonstruieren. Dabei traten größere Abweichungen von den bekannten Werten in der Antarktis uns Grönland auf. Ob hier Artefakte oder regionale Unterschiede eine Rolle spielen, ist unklar. Eine andere Studie, Blunier et al. (2012), fand in einem grönländischen Eiskern natürliche Methan-Schwankungen von 70 ppbv um den vorindustriellen Mittelwert von 700 ppbv. Die Gründe für diese Änderungen sind noch unklar. Eine weitere Grönland-Studie von Sapart et al. (2012) dokumentierte starke vorindustrielle Methan-Schwankungen für die vergangenen 2000 Jahre. Interessanterweise scheinen hier die Mittelalterliche Wärmeperiode und Kleine Eiszeit als Methanantrieb eine wichtige Rolle zu spielen, wie die Autoren herausfanden.

Zum Glück wächst das Wissen zum Methan dennoch jährlich an. Der Deutschlandfunk hat hier einige kleine Leckerli leider ausgelassen. So meldete Der Standard am 12. Januar 2014:

Methanaustritte vor Spitzbergen nicht durch Klimawandel bedingt
Wissenschafter fanden Hinweise dafür, dass Ausgasungen durch saisonale Temperaturschwankungen bedingt werden.
Vor Spitzbergen ist in einigen hundert Metern Wassertiefe immer wieder Methangas zu beobachten, dass aus Gashydratlagerstätten im Meeresboden stammt. Internationale Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Bremer Zentrums für Marine Umweltwissenschaften, MARUM, konnten jetzt zeigen, dass die Gasaustritte sehr wahrscheinlich nicht durch die Klimaerwärmung verursacht werden. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „Science“.

Weiterlesen auf derstandard.at. Siehe auch Beiträge auf Scinexx und WUWT.

Interessanterweise haben die IPCC-Prognosen zum Methananstieg in der Atmosphäre deutlich zu hoch gegriffen (Graphik aus dem Entwurf des 5. IPCC-Klimaberichts via WUWT, siehe auch SPPI-Bericht hierzu):

 

David Middleton führt in einem Beitrag auf WUWT weitere Studien auf, die die Methan-Horrorszenarien nicht unterstützen. Es ist schön, dass mittlerweile immer mehr Forscher dem Methan-Alarmismus offen widersprechen. So haben Gavin Schmidt und Judith Curry einen entsprechenden Panik-Artikel in Nature offen kritisiert.

 

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