Die Kleine Eiszeit in China: Im 19. Jahrhundert war es am Jangtsekiang mehr als ein Grad kälter als heute

Da war sie wieder, die bei einigen Forschern unbeliebte Kleine Eiszeit. Wie bereits mehrfach berichtet, hatten prominente deutsche IPCC-nahe Forscher die Mittelalterliche Wärmeperiode und die Kleine Eiszeit lange als „lokales nordatlantisches Phänomen“ abgetan, welches sich angeblich global herausmitteln sollte (z.B. Stefan Rahmstorf, Gerald Haug). Weit gefehlt. Mittlerweile sind die beiden prominenten Klimaanomalien aus allen Ecken der Welt und von allen sieben Weltmeeren beschrieben. Gestern berichteten wir bereits über eine entsprechende Fallstudie in Chile (siehe „Neues Paper in Quaternary Science Reviews: Mittelalterliche Wärmeperiode und Kleine Eiszeit in den chilenischen Anden nachgewiesen“). Heute springen wir nach Asien und wollen uns eine neue Publikation aus China anschauen, in der die Autoren die Wintertemperaturen im Gebiet des längsten Flusses des Landes, des Jangtsekiang, für die vergangenen knapp 275 Jahre rekonstruiert haben. Durchgeführt wurden die Untersuchungen von einer chinesischen Forschergruppe um Hao von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse im Juni 2012 in der Fachzeitschrift Climate of the Past.

Basis der Rekonstruktion waren historische Dokumente des Yu-Xue-Fen-Cu-Archivs aus der Qing Dynastie (1644-1911) in denen Tage mit Schneefall minutiös festgehalten wurden. Die Daten wurden mit Temperaturdaten aus der Region kalibriert, welche zwischen 1951-2007 gemessen wurden.

Die Forscher konnten zeigen, dass das 18. Jahrhundert um 0,76°C kälter und das 19. Jahrhundert sogar um 1,18°C kälter war als die moderne Referenzperiode von 1951-2007 (Abbildung 1). Entsprechend waren die letzten 30 Jahre (1981-2007) um ein Viertel Grad wärmer als die Referenzperiode. Die kalte Phase des 18. und 19. Jahrhunderts entspricht dabei der „Kleinen Eiszeit“ und die aktuell warmen Bedingungen der „Modernen Wärmeperiode“. 

Interessanterweise war die Erwärmungsrate im 20. Jahrhundert mit 0,66°C pro 100 Jahre deutlich geringer als die Rate der weniger industriell geprägten Phase 1862-1961, während der die Temperatur fast dreimal so schnell anstieg, nämlich um 1,89°C pro 100 Jahre. Dies zeigt eindrucksvoll, dass wir es in den letzten Jahrzehnten keineswegs mit „noch nie dagewesenen Erwärmungsraten“ zu tun haben, sondern derartige Erwärmungsgeschwindigkeiten durchaus auch in der Vergangenheit auftraten.

Abbildung 1: Temperaturrekonstruktion für das chinesische Yangtze-Gebiet der letzten 275 Jahre. Abbildung aus Hao et al. (2012). 

 

Siehe auch Beitrag auf The Hockey Schtick.
Foto oben rechts: 于/Yu 回/Hui from Chengdu, China / Lizenz:  Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert)
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