Neuer IPCC-Bericht: „Mehr als die Hälfte der Erwärmung vom Menschen verursacht“ – Und was ist mit der anderen Hälfte?

Der durchgesickerte Entwurf des neuen IPCC-Klimazustandsberichtes lädt zum Stöbern ein. Auch Spiegel Online hat schonmal mitgestöbert, ist aber nicht sonderlich überrascht. Markus Becker schreibt:

Bahnbrechende neue Erkenntnisse sind darin freilich nicht zu lesen. […] Alles, was bisher über [den Bericht] bekannt wurde, deutete in die gleiche Richtung: Er bestätigt im Großen und Ganzen den letzten IPCC-Report, der im Februar 2007 erschien und den Klimawandel zum globalen Nachrichtenthema machte. Er besagte, dass die globale Durchschnittstemperatur steigen, die Meere anschwellen und Gletscher verstärkt schmelzen werden. Und sehr wahrscheinlich sei der Mensch für große Teile dieser Entwicklung verantwortlich.

Naja, da haben wir doch schon wieder den Salat. Gleicher Inhalt bedeutet doch auch das gleiche Problem wie schon bei der 2007er Ausgabe: Weder ist die globale Temperatur weiter angestiegen, noch hat sich der Meeresspiegelanstieg weiter beschleunigt. Und zu allem Überfluss wollen die Gletscher im Himalaya einfach nicht mehr schmelzen (siehe „Himalaya-Schmelzkatastrophe abgeblasen: Das Neueste aus der Welt der Gletscher„).

Aber dann hat Spiegel Online doch noch was Interessantes gefunden, offenbar ohne es selbst zu bemerken. Das Magazin schreibt:

Die Beweislage dafür „hat sich weiter verdichtet“, lautet nun einer der ersten Sätze in dem jetzt veröffentlichten Entwurf. Es sei „extrem wahrscheinlich“, also zu 95 Prozent sicher, dass menschliche Aktivitäten mehr als die Hälfte des seit 1950 zu beobachtenden Temperaturanstiegs zu verantworten hätten.

Im Original der Zusammenfassung für Politiker steht dies in der Tat auf Seite 10 oben schwarz auf weiß:

„It is extremely likely that human activities have caused more than half of the observed increase in global average surface temperature since the 1950s.“

Ja, Sie haben richtig gehört: „Mehr als die Hälfte“ der Erwärmung hat der Mensch verursacht. Im Umkehrschluss heißt dies dann, dass bis zu 50% der Erwärmung auf das Konto natürlicher Klimafaktoren geht. Das müssten dann vor allem die Sonne und die Ozeanzyklen sein. Einen solch hohen Beitrag natürlicher Klimafaktoren hat der IPCC den natürlichen Klimafaktoren noch nie zugestanden. Damit wäre der Weltklimarat gar nicht so weit vom Standpunkt entfernt, den wir in unserem Buch „Die kalte Sonne“ vertreten. Wir sagen dort, dass höchstens die Hälfte der Erwärmung anthropogen und mindestens die Hälfte natürlich verursacht ist. Hat sich das schon einmal einer der Kritiker der kalten Sonne überhaupt klargemacht? Muss diese Pauschalkritik an Buch und Autoren eigentlich sein, wenn die Standpunkte eigentlich gar nicht so weit auseinander liegen? Es ist wieder das alte Problem, dass man sich halt sehr gerne streitet, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Bei Kindern kann man so etwas verstehen, aber bei erwachsenen Leuten…?

Interessanterweise hatten wir diese kuriose Diskussion schon einmal, als Mojib Latif im Februar 2012 unser gerade erschienenes Buch öffentlich heftig verriss. In einem Interview mit der österreichischen Zeitung Die Presse kam es damals zu dieser denkwürdigen Interviewszene:

Die Presse: Zurück zur bisherigen Erwärmung, 0,8 Grad seit 100 Jahren. Für Vahrenholt kommt die Hälfte von der Sonne. Und beim IPCC kommt alles vom CO2?

Latif: Nein, das hat der IPCC nie gesagt, er ist sehr vorsichtig und sagt, dass etwa die Hälfte der Erwärmung anthropogen ist.

Die Presse: Dann sagt er das Gleiche wie Vahrenholt?

Latif: Ja, das ist es ja, was mich wahnsinnig macht: Da wird ein Popanz aufgebaut und dann genüsslich zerrissen.

Hiermit positionierte sich Latif eindeutig gegen die bisherige Lehrmeinung des Weltklimarats, der in seinem letzten Klimazustandsbericht den natürlichen Klimafaktoren lediglich Einfluss im einstelligen Prozentbereich zubilligte. In der wichtigen Größe des sogenannten Strahlungsanstriebs, einem Maß für die Klimawirksamkeit verschiedener Klimaeinflussgrößen, lagen zwischen CO2 (1,66 W/m2) und der Sonne (0,12 W/m2) im letzten Klimabericht des IPCC von 2007 ganze Welten. Mit diesen Werten ist eine signifikante Beteiligung der Sonne am virtuellen IPCC-Klimageschehen ausgeschlossen. Wie das alles zusammenpassen soll – auch hinsichtlich des neuen Berichts, der doch eigentlich so ähnlich wie der alte sein soll – bleibt ein großes Rätsel.

Hat sich da vielleicht etwas in Punkto Strahlungsantrieb im 5. Klimabericht getan und zum Positiven gewendet? Das wäre doch mal ein positives Zeichen, dass der IPCC die in zahllosen geologischen Fallbeispielen eindrucksvoll dokumentierte Klimawirkung von Sonnenaktivitätsschwankungen endlich akzeptiert. Schauen wir dazu das neue Diagramm für den Strahlungsantrieb aus dem neuen, vorzeitig in die Öffentlichkeit gelangten Bericht an (Abbildung 1). Zu unserem Erschrecken müssen wir feststellen: Das genaue Gegenteil ist eingetreten: Die Sonne wurde in ihrer Wirkung sogar noch weiter reduziert und spielt weiterhin keine signifikante Rolle (siehe auch Blogbeitrag von Alec Rawls auf WUWT). Ein Schlag ins Gesicht aller Wissenschaftler, die sich mit der Sonne-Klima-Problematik hauptberuflich beschäftigen und deren Ergebnisse hier in schlimmer Weise einfach ignoriert werden.

Muss man die Aussage „menschliche Aktivitäten mehr als die Hälfte des seit 1950 zu beobachtenden Temperaturanstiegs zu verantworten...“ vielleicht daher sogar als Täuschungsversuch werten? In etwa so: Geht ein Kunde in den Technikmarkt und kauft für 1000 Euro einen Fenseher. Sagt der Verkäufer: „Wir schätzen Sie als Kunden ganz besonders. Deshalb möchten wir Ihnen ein großes Geschenk machen. Wir werden Ihnen Rabatt gewähren, so dass Sie heute nur mehr als die Hälfte des Kaufpreises bezahlen müssen. So ganz genau kann ich Ihnen die Ersparnis jetzt aber nicht sagen, aber das können hier bis zu 500 Euro sein.“ Toll denkt sich der Kunde und läuft mit dem Fernseher zur Kasse. Die Überraschung war groß, als die Kassiererin vom Kunden 999 Euro haben wollte und er nur 1 Euro sparen sollte. Der Verkäufer hatte jedoch Wort gehalten und ihn nicht belogen, denn er hatte ja nur von „bis zu…“ gesprochen… Man lerne daraus: Auch mit dem IPCC am besten keine Geschäfte machen!

 

Abbildung 1: Klimawirkung (Strahlungsantrieb) der verschiedenen Klimafaktoren laut Entwurf des 5. Klimaberichts des IPCC (Kap.8 Seite 40, Fig. 8-17c). Je länger der Balken, desto größer die Klimawirkung. Die Sonne (ganz unten) verschwindet unter ferner liefen.

 

Mit Dank an Johannes Boeske und P. Dietze
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