Spanische Umweltorganisation Dara macht sich mit Phantasiezahlen zu Klimawandeltoten lächerlich

Die Fachwissenschaftler streiten sich derzeit noch, ob man heute überhaupt schon irgendeine menschengemachte Veränderung im Extremwetter feststellen kann. Eine Vielzahl von Fallstudien zeigt, dass sich Stürme, Dürren, Überschemmungen und anderes Wetterunbill noch immer voll und ganz im Rahmen der natürlichen Schwankungsbreite befinden (Übersicht siehe hier).  Das scheint jedoch gewisse Umweltaktivistengruppen offenbar überhaupt nicht zu stören. Fernab der Faktenlage werden groteske Extremwetter-Schäden behauptet, die jeden seriösen Forscher erstarren lassen. Eine dieser Aktivistengruppen ist die spanische Umweltorganisation Dara, die im September 2012 einen Klimaschadensbericht veröffentlicht hat, der es allemal mit Grimms Märchen aufnehmen kann. Unerschrockene Leser können das pdf hier herunterladen (Achtung: 42 MB!). Begleitend gab es dazu auch noch eine Pressemitteilung auf spanisch, englisch und französisch.

Allerdings hielt sich die internationale und deutsche Presse in diesem Fall lobenswerterweise sehr zurück und ignorierte die durchsichtige Aktion weitgehend. Kurz vor Weihnachten 2012 erinnerte sich die deutsche Ausgabe des Wall Street Journal wohl in einer Art Jahresrückblick nochmal an das Werk und schrieb zunächst einleitend:

Laut den Madridern hat der weltweite Klimawandel und die Umweltverschmutzung durch den Gebrauch von fossilen Energieträgern im Jahr 2010 ganze fünf Millionen Menschen umgebracht. Im Jahr 2030 sollen es sechs Millionen werden. Die Kosten der Erwärmung der Erdkugel beziffern die Aktivisten für das Jahr 2010 auf 600 Milliarden US-Dollar.

Wow. Das ist heftig. Fünf Millionen Menschen und 600 Milliarden Dollar. Wie kommen diese enormen Schadenszahlen nur zustande, will man natürlich wissen. Wie schlüsselt sich das Ganze auf? The Wall Street Journal:

In Russland beziffern die Spanier die Zahl der Toten durch den Klimawandel für das Jahr 2010 auf knapp 100.000, in Bangladesch ist es die gleiche Zahl. Trauriger Spitzenreiter bei den Toten durch die globale Erwärmung ist aber Indien: Dort kommen schon jetzt pro Jahr etwa eine Million Menschen durch Klimawandel und Umweltverschmutzung unter die Erde.

Machen wir mal eine Stichprobe. 100.000 Klimawandeltote in Russland 2010, das ist viel. In genau jenem Jahr wütete im Sommer in dem Land eine längere Hitzewelle mit schlimmen Waldbränden. Sie erinnern sich sicher. Ein Großteil der Klimawandeltoten der Dara-Zählung gehen sicher auf dieses Ereignis zurück. Aber das gilt natürlich nur, wenn die Hitzewelle auch wirklich anthropogene Ursachen hatte. Hatte sie? Die Wissenschaft hat diese Frage untersucht und gab Entwarnung: Die Dürre war ein rein natürliches Phänomen, das in der Vergangenheit bereits mehrfach aufgetreten ist. In unserem Buch Die kalte Sonne schrieben wir hierzu:

Als die Temperaturen ab Mitte August langsam wieder auf Normalwerte absackten, die Feuer gelöscht waren und der Rauch sich allmählich gelegt hatte, machten sich einige amerikanische Wissenschaftler schließlich daran, die Ursachen der Hitzewelle [in Russland] genauer zu untersuchen. Und sie fanden etwas ganz Erstaunliches heraus: Die Hitzewelle hatte wohl weniger mit dem Klimawandel zu tun, sondern vielmehr mit einem ganz natürlichen Phänomen, nämlich einer blockierten Wetterlage. Dabei verharrte das für die Hitzeglocke verantwortliche Hochdruckgebiet viele Wochen lang über dem westlichen Russland und verhinderte damit den Zustrom kühler Luft sowie die Entstehung von sommerlichen Stürmen. Die Forscher stellten fest, dass es während der vergangenen 130 Jahre in der Region bereits mehrfach zu solchen besonderen Wetterlagen gekommen war – und dass sich das Klima im westlichen Russland im gleichen Zeitraum gar nicht erwärmt hatte. So kann man sich irren.

Die entsprechende Studie wurden 2011 von einem Team um Randall Dole vom Earth System Research Laboratory der NOAA in Boulder, Colorado, durchgeführt und in den Geophysical Research Letters veröffentlicht.

Auch Malawi taucht im Dara-Bericht mit spektakulären Schadenszahlen auf. Dürren und austrocknende Fischgründe verursachen hier Hungersnöte. Das sind jedesmal schlimme Zeiten für die Bevölkerung. Hilfe wird dringend benötigt. Aber sind dies eigentlich ganz neue, durch einen anthropogenen Klimawandel hervorgerufene Probleme? Auch hier lautet die Antwort nein. Dürren sind in Malawi schon immer aufgetreten und folgen einem erstaunlichen zyklischen Muster. In unserem Blogbeitrag „Deutschlandfunk mit Recherchedefizit: Zweitgrößter See Malawis trocknete schon immer zyklisch aus“ schrieben wir:

Nun wäre es jedoch die journalistische Pflicht gewesen, nachzuforschen, ob das Schrumpfen und allmähliche Austrocknen des Chilwa Sees [in Malawi] ein ganz modernes, noch nie dagewesenes Phänomen ist, wie es der Bericht suggeriert. Hätte sich [Deutschlandfunk-Reporter] Stäcker einmal die Recherche-Mühe gemacht, so wäre er mit ein paar geeigneten Google-Suchbegriffen schnell auf einen äußerst interessanten wissenschaftlichen Fachaufsatz aus dem Jahr 1970 gestoßen, der mittlerweile vom Springer-Verlag kostenlos als pdf zur Verfügung gestellt wird. Im Magazin Hydrobiologia erschien damals ein Artikel von A. Morgan und Margaret Kalk von der University of Malawi. Darin berichteten sie:

„Der Chilwa See in Malawi (auf 15° südlicher Breite und 36° östlicher Länge) besitzt eine potentiell offene Wasserfläche von 700 Quadratkilometern. Er ist flach und hat keinen Abfluss. Der Seespiegel schwankt in seiner Höhe im Takte der Trocken- und Regenzeiten. Der Jahresdurchschnittswert des Seespiegels fällt über einen Zeitraum von 6 Jahren. Diese Studie wurde vom Ende der Regenzeit 1966 bis zum Ende der Trockenzeit von 1967 durchgeführt, was dem Ende des 6-Jahreszyklus entpricht. Die Studie fand vor dem kompletten Austrocknen des Sees im Jahre 1968 statt. Der See erholte sich dann im Jahr 1969 wieder [und das Wasser kehrte zurück]. Das letzte solche Ereignis [Austrocknen und Wiederflutung] gab es 1922-1923.“

An diesen beiden Beispielen sollte bereits klargeworden worden sein, wie Dara rechnet und auf seine wahnsinnigen Zahlen kommt. Schlimmer gehts nimmer. Ähnlich scheint es das Wall Street Journal zu sehen, das wie folgt vorsichtig bewertet: 

Wissenschaftler und Experten haben höchst unterschiedliche Ansichten darüber, wie fatal der Einfluss des Menschen auf die Erhitzung unseres Planetens tatsächlich ist. Dazu kommt, dass Berechnungen etwa zu Toten infolge des Klimawandels oder zu dessen Kosten nicht nur stets sehr komplex, sondern auch immer höchst konstruktiv sind – die Berechnungsmethode gibt es nicht, selbst wenn man sich auf eine Meinung zum Klimawandel einigt.

Mit solchen Relativierungen halten sich die Mitarbeiter von Dara allerdings nicht auf. Sie setzen auf die Macht nackter Zahlen: So habe der Klimawandel im Jahr 2010 laut Dara weltweit fast 5 Millionen Menschen das Leben gekostet, im Jahr 2030 dürfte die Zahl nach den Berechnungen der Madrider auf 6 Millionen angestiegen sein. In ihrem jüngsten Bericht schreibt die Organisation, die Zahlen basieren „auf verschiedenen aktuellen Studien zum Klimawandel“. Sprich: Die Madrider greifen sich das heraus, was zu ihrer Stoßrichtung passt.

Bleibt abschließend noch die Frage zu klären, warum Dara solch einen Unfug verbreitet. Das Wall Street Journal durchschaut die Motive ohne Probleme:

Dara lässt sich von Einzelpersonen, Stiftungen und Institutionen bezahlen. Ihre Mission: Mit Lobbyarbeit auf den Klimawandel aufmerksam machen. Nach eigenen Angaben hat die in Madrid ansässige Organisation Studien für Regierungen, für die UN und für die die EU gemacht. Vor allem versteht Dara sich darauf, zu untersuchen, wieviel einzelne Hilfseingriffe gebracht haben. 

 

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