Schweizerische Mobiliar-Versicherung finanziert Klima-Professur

Die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist ein hohes Gut, insbesondere in gesellschaftlich sensitiven Forschungsgebieten. Projekte sollen hier absolut ergebnisoffen angegangen werden können, ohne irritierenden Erwartungsdruck von außen. Keinesfalls darf es Auftragsarbeiten geben, mit denen Wirtschaftsunternehmen im Anschluss dann gezielt Werbung betreiben. Da wundert es nicht, wenn sich beim Lesen einer Pressemeldung der Universität Bern von 2008 ein etwas flaues Gefühl im Magen breitmacht (Fettsetzung ergänzt):

Die Mobiliar [-Versicherung] ermöglicht es der Universität Bern, eine ausserordentliche Professur in der Klimafolgenforschung im Alpenraum einzurichten. Sie finanziert die Professur für vorerst zehn Jahre mit einem Gesamtbetrag von 5 Millionen Franken. […] An der Universität Bern ist die Einrichtung einer neuen Professur im Klimabereich hoch willkommen: «Sie wird entscheidend zur Klimafolgenforschung beitragen und soll diesen Bereich erstmals in einen Zusammenhang mit praktischen Versicherungsfragen stellen», sagt Rektor Urs Würgler. Und Prof. Thomas Stocker, Klimaforscher und Kopräsident einer der drei Arbeitsgruppen des Weltklimarates (IPCC), ergänzt: «Da mit dem Oeschger Centre for Climate Change Research wichtige Anknüpfungspunkte im Bereich der Rekonstruktion vergangener Extremereignisse, der Klimamodellierung und der Naturgefahren bereits bestehen, können für die neue Professur optimale Synergien entwickelt werden.» […] Als Marktleaderin und Know-how-Trägerin in der Sachversicherung hat die Mobiliar alles Interesse an Präventionsmassnahmen und an Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit den Folgen der Klimaveränderung.

Wie steht es hier mit der erwähnten Unabhängigkeit der Forschung? Es ist bekannt, dass Versicherungen aufgrund einer vermeintlich erhöhten Extremwettergefahr die Prämien anheben können, insgesamt mehr Versicherungen verkaufen, und bei ausbleibenden vermehrten Schäden ein weiteres Mal verdienen würden. Auch der Ort des Geschehens ist bemerkenswert. An der Universität Bern ist nämlich das Hauptquartier der Arbeitsgruppe 1 „Die physikalische Basis“ des Weltklimarats IPCC beheimatet hat, dessen fragwürdige Klimawarnungen mittlerweile ins Gerede gekommen sind. Ganz vorne mit dabei ist stets der in der Pressemitteilung genannte Tomas Stocker (siehe unseren Blogbeitrag „Führender IPCC-Wissenschaftler im Streitgespräch über die kalte Sonne: Thomas Stocker vs. Fritz Vahrenholt auf dem Berner Bundesplatz„).

Die Professur wurde 2011 schließlich mit der jungen schweizerischen Erdwissenschaftlerin Olivia Romppainen-Martius besetzt. Auf der Webseite der Arbeitsgruppe sind als Schwerpunktthemen aufgeführt:

–statistische Analyse von extremen Niederschlagsereignissen
–Das Auftreten von verketteten Extremereignissen
–Niederfrequente Variabilitätsmuster und das Auftreten von Extremwetterereignissen.

Noch ist die Stelleninhaberin natürlich zu kurz dabei, als dass man robust prüfen könnte, ob der latente Interessenskonflikt zwischen Versicherungswirtschaft und „unabhängiger Forschung“ in diesem Fall vermieden werden kann. Nach eigenen Angaben hat die Versicherung die Professur vorerst nur bis 2018 finanziert. Würde die Förderung durch die Mobiliar wohl weitergehen, wenn die Stelleninhaberin herausfinden sollte, dass die natürliche Klimavariabilität viel bedeutender ist als irgendeine anthropogene Beeinflussung, die sich heute noch in keinster Weise belegen ließe? Machen wir uns nichts vor, eine Fortführung des Sponsorings wäre sicher einfacher, wenn die Forschung einen klaren Anstieg der Extremwettereignisse feststellen würde. Das gäbe ein paar gute Schlagzeilen, würde die Bevölkerung wachrütteln und zum Kauf von Sturm-, Überschwemmungs-, Blitz- und Hagelversicherungen animieren.

Schauen wir spaßeshalber einfach mal in eine Arbeit von 2012, bei der die Mobilar-Professorin als Co-Autorin mitgewirkt hat. Die Arbeit von Brönnimann et al. erschien in der Metorologischen Zeitschrift und untersucht die Entwicklung von Extremwinden in mittleren Breiten auf der Nordhalbkugel für die letzten 140 Jahre. Zu diesem Gebiet gehört auch die Schweiz. Wenn man sich die Kurven in der Arbeit so anschaut, fallen einem die bereits bekannten Sturmmaxima Anfang und Ende des 20. Jahrhunderts ins Auge (siehe auch unser Buch „Die kalte Sonne„, Kapitel 5).

Im Paper wird lange hin- und hergerechnet und kompliziert in Charts aufgetragen. Letztendlich folgern die Autoren, dass der zweite Windberg wohl etwas höher sein muss als der erste und meinen dann einen „Trend“ gefunden zu haben. Sie schreiben:

„In all, we find positive trends in strong and extreme wind speeds at the two European sites on the order of 10–15 mm/s per year (corresponding to 1–1.5 m/s per century) over the 1950-2008 period.“

Da muss man sich ganz schön zusammenreißen, um nicht zu schmunzeln. Jedes Jahr nimmt nach Angaben der Autoren also der langfristige Sturmtrend um 15 Millimeter pro Sekunde zu. Das entspricht etwa einem Zweihundertstel einer einzigen Windstärke der Beaufort-Skala. Anders ausgedrückt: Der angebliche „Trend“ müsste sich 200-300 Jahre fortsetzen, um nur eine einzige Windstärke, also z.B. von 7 auf 8, anzusteigen. Jedoch scheinen die Autoren eine ganz andere Sache vollkommen ignoriert zu haben, die die Aussage der Studie komplett umkrempelt. Etliche Fachstudien konnten mittlerweile zeigen, dass die stärksten Stürme in den mittleren Breiten nicht in warme Phasen gefallen sind, sondern vielmehr während der Kleinen Eiszeit wüteten (siehe unsere Blogartikel „Eine unbequeme Wahrheit: Während der Kleinen Eiszeit waren die Stürme in Europa stärker als heute„,“Wann gab es die schlimmsten Stürme an der französischen Mittelmeerküste? Immer wenn die Sonne schwächelte und die Temperaturen fielen!“ und „Die kräftigsten Stürme gab es in Holland während der Kleinen Eiszeit„). Der wirklich langfristige Trend ist also genau andersherum als suggeriert. In den letzten paar hundert Jahren haben sich die Stürme in den nördlichen mittleren Breiten folglich signifikant abgeschwächt. Davon ist in Zusammenfassung und Conclusions des besprochenen Artikels rein gar nichts zu lesen. Das Wort „Little Ice Age“ taucht nirgendwo auf. Es ist schwer, diese schwere Auslassung nicht bereits als erste Konzession an den Sponsor der Professur zu werten.

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