Verschenkter Strom – verschenktes Geld

Im Jahr 2012 stieg nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Stromexport stark an. Nach 54,5 Terawattstunden (1 TwH= 1 Milliarde Kilowattstunden) in 2011 wurden in 2012 66 Twh ausgeführt. Die Einfuhr ging leicht zurück von 48,5  TwH in 2011 auf  43,8 TWh im Jahr 2012. Der Anstieg ist im wesentlichen zurückzuführen auf den Zubau Erneuerbarer Energien. Gute Nachrichten möchte man daher meinen. Doch der Überschuß wird im wesentlichen dann erzeugt, wenn Windstrom im Winter oder Solarstrom im Sommer im deutschen Netz nicht verbraucht werden kann. Dann sinkt durch den Überschußstrom der Preis an der Strombörse. Mitunter entstehen sogar negative Strompreise. Salopp ausgedrückt: wir schiessen noch Geld hinzu, damit der Strom von unseren Nachbarn abgenommen werden kann. So etwa in der ersten Januarwoche 2012, als kurzfristig bis über -50 €ct/kwh gezahlt wurden. Wer Strom abnahm, bekam 50 €ct für die verbrauchte Kilowattstunde.

Prof. Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsinstitut in Essen und Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie der Ruhr-Universität Bochum kommt zum Ergebnis, dass der Export vom deutschen Stromkunden mit Milliarden  Euro subventioniert wird. Denn der Öko-Strom wird in Deutschland durchschnitlich mit 18 €ct/kwh vergütet. Den durchsschnittlichen Exportpreis unseres Stromexportes errechnet das Statistische Bundesamt aber mit 5 €ct/kwh. Die Differenz von 13 €ct/kwh trägt der deutsche Stromkunde.

Hier der Beitrag von Prof. Frondel vom Oekonomen-Blog. Wiedergabe hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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Von Prof. Dr. Manuel Frondel

Mit mehr als 13 Cent pro Kilowattstunde subventionieren deutsche Stromkunden den wachsenden Export von Ökostrom ins Ausland. Schuld ist der künstliche Boom des Ökostroms, hervorgerufen durch eine falsche Förderpolitik.

Die Subventionen für erneuerbare Energien in Deutschland treiben neue Blüten: der Boom der Ökostromerzeugung führt dazu, dass in Deutschland an manchen Tagen wesentlich mehr Strom produziert wird, als von deutschen Verbrauchern nachgefragt wird. Im vergangenen Jahr hat Deutschland 66,6 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom ins Ausland verkauft. Aus dem Ausland wurden dagegen nur 43,8 Mrd. kWh ins deutsche Netz eingespeist. Bleibt unterm Strich ein Exportüberschuss von knapp 23 Mrd. kWh. Der überflüssige Strom wird an unsere Nachbarländer verramscht. In Zeiten negativer Börsenstrompreise müssen sogar Entsorgungsgebühren für diesen „Strommüll“ gezahlt werden.

Hinter diesem Phänomen steckt ein regelrechter Subventions-Irrsinn: Die Errichtung immer neuer Ökostromanlagen wird in Deutschland nach wie vor mit hohen Subventionen gefördert. Da an manchen Tagen der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint, können konventionelle Kraftwerke jedoch nicht endgültig abgeschaltet werden. Das Angebot an Stromerzeugungskapazitäten steigt somit unaufhörlich. Resultat: Tendenziell sinkt der Preis. Die Verbraucher im Ausland freuen sich, denn sie erhalten subventionierten und zunehmend günstigeren Strom „Made in Germany“. An der Strombörse in Leipzig kostet die Kilowattstunde nur noch zwischen 4 und 5 Cent – Tendenz weiter fallend.

Für die deutschen Verbraucher wird es dagegen immer teurer, denn sie zahlen die Subventionen. Sie gleichen die Differenz zwischen dem durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantierten Abnahmepreis für grünen Strom und dem Börsenverkaufspreis aus. Im Durchschnitt wird grüner Strom mit mehr als 18 Cent pro Kilowattstunde vergütet. An der Börse wird die Kilowattstunde aber für weniger als 5 Cent verkauft – mindestens 13 Cent Zuschuss je kWh bedeuten mehrere Milliarden Euro, die die Deutschen im vergangenen Jahr für den Export von Ökostrom gezahlt haben.

Darüber hinaus ist die Systematik, mit der grüner Strom gefördert wird, mehr als fragwürdig: Etwa die Hälfte der Förderkosten fließt in die Photovoltaik. Dabei trägt Solarkraft gerade einmal 20 Prozent zur grünen Stromerzeugung in Deutschland bei. Und dass rund 40 Prozent der weltweit installierten Anlagen im eher sonnenarmen Deutschland stehen, zeigt welche Ineffizienzen die Subventionen verursachen. Die Liste ließe sich erweitern: So gibt es die höchsten EEG-Zuschüsse für Kleinanlagen, die aus Lebensmittelpflanzen wie Mais Elektrizität herstellen. Bestes Indiz für die mangelnde Effizienz des EEG ist die Tatsache, dass seit Einführung des EEG die durchschnittliche Vergütung für Ökostrom kontinuierlich angestiegen ist.

Ein Quotenmodell wäre die effizientere Förderlösung: Die Versorger würden verpflichtet, einen bestimmten Anteil ihres Stromangebots aus Erneuerbaren zu bestreiten. Dieser Anteil würde vorrangig mit den kostengünstigsten Technologien eingehalten werden. Anders als beim EEG käme es so erstmals zu einem Wettbewerb unter den alternativen Technologien. Darüber hinaus könnte der Ökostromausbau in einem Quotenmodell mit dem Netzausbau und Deutschlands Erneuerbaren-Zielen punktgenau abgestimmt werden. Der massive Aufbau von Überkapazitäten, wie wir ihn derzeit erleben, würde eingeschränkt. All dies eröffnet die Chance, den Ausbau der Erneuerbaren und damit einen zentralen Baustein der Energiewende wesentlich günstiger zu erreichen.

 

Prof. Dr. Manuel Frondel ist Diplom-Physiker und Diplom-Wirtschaftsingenieur und seit Oktober 2003 Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Seit 2009 ist er zudem Professor für Energieökonomik und angewandte Ökonometrie der Ruhr-Universität Bochum.

Siehe auch Artikel „Deutsche verschenken Ökostrom für 3 Milliarden“ von Jan W. Schäfer auf Bild.de.

 

Foto oben rechts: Gerfriedc / Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

 

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