Australische Überschwemmungen 2011 und 2012 haben natürliche Gründe: La Nina verstärkt durch die negative Phase der Pazifisch Dekadischen Oszillation (PDO)

Ende 2010 und Anfang 2011 wurden weite Teile im australischen Queensland von einer Jahrhundertflut überschwemmt. Die unter Wasser stehende Fläche war so groß wie Deutschland und Frankreich zusammen. Etliche Klimaforscher nutzten die Möglichkeit damals, um den Klimawandel als Schuldigen zu präsentieren. Die WAZ-Gruppe schrieb damals: 

„Die Jahrhundertflut im Nordosten Australiens hat am Mittwoch die Millionenstadt Brisbane erreicht. Der stark angeschwollene Brisbane-Fluss riss Boote und Uferrestaurants fort. Forscher sehen das Hochwasser als Folgen des Klimawandels. Die Jahrhundertflut in Australien ist nach Ansicht von Wissenschaftlern wahrscheinlich eine Folge des weltweiten Klimawandels. Zumindest teilweise gingen die heftigen Monsunregenfälle auf das Konto der Erderwärmung, sagte der Klimaforscher Matthew England von der Universität von New South Wales am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. ‚Die Gewässer vor Australien sind so warm wie noch nie, und diese Gewässer liefern die Feuchtigkeit für den Monsun in Queensland und das nördliche Australien.‘ “ 

Auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung legte einen Zusammenhang mit dem Klimawandel nahe, wie der Focus berichtete: 

„ ‚Ein einzelnes Ereignis, wie die momentanen Überschwemmungen in Nordostaustralien kann man nicht eindeutig dem Klimawandel zuordnen‘, sagt Jürgen Kropp vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Doch die globale Erwärmung lässt die Temperatur der Meeresoberfläche steigen, wodurch dort auch mehr Wasser verdunstet. ‚Demnach steigt auch die Wahrscheinlichkeit für extreme Niederschläge‘, erklärt der Leiter der Nord-Süd Forschungsgruppe am PIK. Insofern könnte die extreme Flut durchaus im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen.“ 

Natürlich ließ auch Klimaretter.de die Gelegenheit nicht verstreichen und stellte ohne große Umschweife einen Bezug zwischen Kohlebergbau und den Überschwemmungen her. Und was wäre ein Klimaktivisten-Video ohne Sintflut? Ebenfalls in einem Klimakatastrophen-Clip der Aktivistengruppe 350.org. tauchten die Queensland-Überschwemmungen auf. 

Nicht ganz unwichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Überflutungen des Südsommers 2010/2011 eine länger anhaltende Dürrephase ablösten, die 2007 ihren Höhepunkt erreicht hatte. Der Schuldige für diese vorangegangene Dürre? Natürlich ebenfalls die Klimakatastrophe, sagte zum Beispiel Spiegel Online.

 

Noch immer hilfreich: Die wissenschaftliche Untersuchung 

Zwei Forscher der australischen Forschungsagentur CSIRO haben sich jetzt die Mühe gemacht, die Flutkatastrophe mit wissenschaftlichen Methoden zu untersuchen. Wenju Cai und Peter van Rensch veröffentlichten ihre Ergebnisse im April 2012 in den angesehenen Geophysical Research Letters. Die Hauptfrage, denen die beiden Wissenschaftler nachgingen war, welche klimatischen Rahmenbedingungen zur Zeit der Fluten herrschten, in welcher Weise sich diese in den letzten 100 Jahren entwickelt haben und ob hieraus bestimmte zeitliche Muster zu erkennen sind, in denen sich starke Regenfälle und Überflutungen häuften. Die Forscher analysierten für ihre Studie unter anderem die historischen Niederschlagsdaten des Australischen Büros für Meterologie seit 1900. 

Cai und van Rensch fiel zunächst auf, dass Anfang 2011 eine außergewöhnlich ausgeprägte La Nina-Situation herrschte. Luft- und Meeresströmungen im tropischen Pazifik ändern sich dabei in charakteristischer Weise, verbunden mit einer leichten Abkühlung. Der hieran gekoppelte Southern Oscillation Index (SOI) erreichte entsprechend seinen höchsten Wert der gesamten Messgeschichte seit 1876. Es war bereits aus der Vergangenheit bekannt, dass zu Zeiten von La Nina („das Mädchen“) Ost-Australien unter starken Regenfällen und Überflutungen zu leiden hatte. Und genau dies ist erneut eingetreten. Während der La Nina Ereignisse verstärkt sich die regenbringende Südpazifische Konvergenzzone und verschiebt sich zudem westwärts in Richtung Australien. Trotzdem fielen die Regenfälle diesmal besonders üppig aus und führten sogar zu einer „Jahrhundert-Flut“. Was hat den Regen diesmal verstärkt? Etwa der menschengemachte Klimawandel? Die Autoren der Studie haben einen anderen interessanten Zusammenhang entdeckt. 

Das Klimageschehen im Pazifik ist maßgeblich durch einen etwa 60-jährigen Ozeanzyklus, die Pazifisch Dekadische Oszillation (PDO) sowie verwandte Meereszyklen geprägt. Der Verlauf der PDO im letzten Jahrhundert ist bekannt, ebenso existieren geologische Rekonstruktionen der PDO für noch weiter zurückliegende Zeiten. Cai und van Rensch verglichen nun die historischen Regendaten mit dem Verlauf der PDO und enteckten einen interessanten Zusammenhang: Immer wenn die PDO einen bestimmten Wert unterschritt, also negativ wurde, und gleichzeitig ein La Nina herrschte, kam es in der Geschichte zu besonders starken Regenfällen und Überschwemmungen (Abbildung 1). Im letzten Jahrhundert ist dies ab 1900 und ab 1950 der Fall gewesen. Und genau dieser Punkt scheint in der PDO-Entwicklung jetzt wieder erreicht zu sein. Die PDO geht momentan aus einer positiven in eine negative Phase über und überschreitet in diesen Jahren gerade die Null-Linie (Abbildung 1). Die Konvektion über dem äquatorialen West-Pazifik wird nun wieder stärker und rückt näher an West Australien heran.  

 

Abbildung 1: Regenmenge in Queensland für die Sommermonate (schwarze Kurve) im Verleich mit der Pazifisch Dekadischen Oszillation (PDO) (grüne Kurve). Abbildung aus Cai & van Rensch (2012).

 

Die Forscher gehen aufgrund der gefundenen Zusammenhänge davon aus, dass auch in der kommenden Dekade weiterhin mit starken Überschwemmungen während La Nina-Jahren gerechnet werden muss. Die aktuelle Entwicklung scheint dies zu bestätigen. Die Überschwemmungen in Ost-Australien wiederholten sich Anfang 2012 (Die Zeit, TerraDaily). Erneut hatte sich eine La Nina-Lage ausgebildet und auch die PDO scheint sich weiter in den negativen Bereich vorzuarbeiten. Erst wenn der PDO-Zyklus dann in ein bis zwei Dekaden wieder nach oben abbiegt und die Null-Linie aufwärts überquert, können die Bewohner Ost-Australiens ihre Sandsäcke beruhigt entleeren und den dafür blockierten Stauraum im Keller wieder für andere Dinge nutzen. La Ninas werden dann für eine Weile ihren Schrecken verlieren. Während der positiven PDO-Phase scheinen La Nina-Ereignisse nämlich kaum Einfluss auf die Regenmengen zu haben.

Bereits Anfang 2011 hatte der Deutsche Wetterdienst La Nina als Schuldigen der Überschwemmungen in Australien richtig erkannt (scinexx). Jürgen Kropp vom PIK sah dies ebenso, nutzte jedoch die Gelegenheit, um den Klimawandel als ominösen Verstärker der Ereignisse ins Spiel zu bringen (Der Tagesspiegel). Die FAZ warnte damals in besonnener Weise vor vorschnellen Kausalitäten. Die vorgestellte neue Studie in den Geophysical Research Letters bekräftigt nun die Annahme, dass zunächst die natürliche Niederschlagsvariabilität im Jahrhundert- bis Jahrtausend-Maßstab untersucht werden muss, bevor über einen anthropogenen Einfluss spekuliert werden kann. 

Auch die ZDF-Meteorologin Katja Horneffer erklärte in der Sendung „Hallo Deutschland“ den La Nina-Zusammenhang in vorbildlicher Weise. Ihre ZDF-Kollegin Inge Niedeck hingegen hatte eine etwas seltsame Erklärung parat: Grund für den starken australischen Regen im März 2012 sei laut Niedeck der starke Regen im Februar. Ja, genau so muss es sein. 

 

Überschwemmungshäufigkeit bleibt innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite 

Auch in unseren kürzlichen Blogartikeln „Mehr Überschwemmungen? Vermutlich eher nicht“ und „Dürre Beweislage für mehr Dürren“ konnten wir zeigen, dass der Wechsel von Dürre- und Feuchtphasen stets Teil der natürlichen Klimadynamik gewesen ist. Die Sonnenaktivität spielte hierbei in vielen Fällen eine herausragende Rolle wie wir in vier vorangegangenen Artikelbesprechungen gezeigt haben: 

Eine Wissenschaftlergruppe der Nationalen Technischen Universität in Athen um Dimitri Bouziotas hat anhand einer Datenbank weltweiter Überflutungsereignisse überprüft, ob es in den letzten Jahrzehnten im globalen Maßstab eine Zunahme von Flutkatastrophen gegeben hat. Das Resultat war ernüchternd. Das Forscherteam konnte keinen einheitlichen Trend feststellen. Im Gegenteil, in vielen Regionen scheinen die Überflutungen sogar eher ab- als zuzunehmen, wie die Analyse zeigte. Die Wissenschaftler präsentierten ihre Ergebnisse im April 2011 auf einer Tagung der European Geosciences Union in Wien (pdf des Vortrags hier) (siehe auch Blogartikel von Roger Pielke, Jr.). 

Zwei indische Forscher überprüften kürzlich die Wetterstatistik daraufhin, ob es im Himalya eine Steigerung extrem heftiger Regenfälle gegeben haben könnte. Nandargi und Dhar veröffentlichten ihre Ergebnisse 2011 im Hydrological Sciences Journal. Das Forscherduo analysierte dazu Daten von 475 Messtationen, die zum teil bis 1871 zurückreichten. In der Tat konnten sie eine Zunahme der Häufigkeit extremer Regenfälle von den 1950er Jahren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts feststellen. Von 2001 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums 2007 kippte jedoch der Trend und die extremen Regenereignisse nahmen plötzlich ab. Da dies auffälligerweise in die wärmste Dekade der vergangenen Jahrhunderte fällt, zweifeln die Autoren daran, dass die Klimaerwärmung einen maßgeblichen Einfluss auf die Extremniederschläge im Himalaya haben könnte (siehe auch NIPCC-Artikel). 

In vielen alarmistischen Arbeiten zum zukünftigen Überschwemmungsrisiko werden langfristige, natürliche Variabilitätsmuster ignoriert und stattdessen vor allem auf theoretische Modelle gesetzt, die jedoch nicht die realen Daten ausreichend honorieren. Zwei derartige Arbeiten erschienen im Jahr 2011 in Nature (siehe Rezension durch das NIPCC). Auch der „Klimapapst Sachsens“, Wilfried Küchler, ist im Katastrophengeschäft tätig. Zusammen mit der gegenüber neuen Sensationen selten abgeneigten Bildzeitung versetzte er am 27.4.2012 die Bevölkerung Sachsens in Angst und Schrecken: 

„Es zieht sich zu im ostsächsischen Dreiländereck. Regengüsse von biblischen Ausmaß. Straßen und Häuser, die in gurgelnden Strudeln versinken. Ein Experte des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie warnt, dass Ostsachsen jetzt häufiger unter Naturkatastrophen leiden wird als bisher. Er stieß bei der Auswertung zehntausender Messdaten auf ein erschreckendes Phänomen: ‚Durch Klimawandel der Nordhalbkugel verändert sich die Luftzirkulation. Dies führt dazu, dass vorrangig in den Sommerhalbjahren ein 250 Quadratkilometer großes Gebiet um Zittau zum Bermuda-Dreieck des Wetters wird.‘ Das bedeutet: ‚Kaltluftmassen aus Grönland schieben sich unter feuchte Luft aus dem Mittelmeer. Das führt zu Katastrophenregen mit bis zu 350 Liter pro qm und Stunde.‘ Im Klartext: Zwei Badewannen-Füllungen prasseln pro Stunde je Quadratmeter nieder, führen bei versiegelten Böden zu einer 35 cm hohen Wassersäule. Küchler: ‚2002 und 2010 gab‘s einen Vorgeschmack. Zittau liegt nun etwa im Zentrum dieses Sintflut-Geschehens.‘ “ 

Offenbar fehlt auch Küchler hier die historische Perskeptive. Denn die Analyse des Hochwassergeschehens in Mitteleuropa seit 1500 macht deutlich, dass über den ganzen Zeitraum nachhaltige Fluktuationen der Hochwasserhäufigkeit stattgefunden haben. Katastrophenhochwasser und ihre Häufungen sind in Mitteleuropa keine neue Erscheinungsform. Die im 20. Jahrhundert erkennbare Zunahme der Pegeldurchflüsse sind in ähnlicher Form seit 1500 bereits mehrfach aufgetreten. Phasen von Hochwasser-Häufungen wurden in den letzten 500 Jahren regelmäßig wieder durch Phasen deutlich reduzierten Hochwasserauftretens abgelöst. Dies ergab eine Studie eines internationalen Forscherteams aus Deutschland, der Schweiz und der Tschechischen Republik.

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