Einflussreiche Ozeanzyklen: Taktgeber für globale Erwärmungsbremse und Gaspedal sitzt wohl im tropischen Pazifik

Ein vergleichender Blick auf die globale Temperaturkurve und den Verlauf der Ozeanzyklen der letzten 100 Jahre reicht, um die enge Verbandelung der beiden zu erahnen. Als wir dies vor 5 Jahren in unserem Buch „Die kalte Sonne“ taten, ernteten wir dafür einen Protest-Sturm aus der Hardliner-Ecke der Klimawissenschaften. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und es vergeht kein Monat, ohne dass ein neues Paper zur Thematik erscheint. Unser Fehler: Wir waren unserer Zeit voraus. Dafür möchten wir uns entschuldigen. Wir konnten ja nicht ahnen, dass man die Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Temperatur und Ozeanzyklen etwas später eingeplant hatte.

Die Ozeanyzklen (AMO, PDO) pulsieren im 60-Jahrestakt, der auch die Temperatur mal stärker ansteigen und mal stagnieren lässt. Das sieht dann aufgrund des Langzeiterwärmungstrends während der letzten 150 Jahre wie Treppenstufen aus. Kosaka & Xie 2016 haben im Juli 2016 in Nature Geoscience das Treppenmodell beschrieben. Die Flachbereiche (Hiaten) der Temperatur-Stufen ereigneten sich Mitte des 20. Jahrhunderts und Anfang des 21. Jahrhunderts. Zusätzlich gibt es kleinermaßstäbliche Stüfchen. Kosaka & Xie 2016 erklären in ihrer Studie, dass die globalen Erwärmungspausen immer dann stattfinden, wenn sich der tropische Pazifik abkühlt. Insofern scheint diese Meeresregion der Taktgeber der globalen Temperaturentwicklung zu sein. Klimamodelle bekommen hier nur eine lineare Entwicklung errechnet, die charakteristischen Zyklen bekommen sie nicht hin. Hierunter leidet das Vertrauen in die Modelle enorm. Zukunftsprognosen sind mit großen Fragezeichen behaftet.

Aber nicht nur die Hiaten werden durch den tropischen Pazifik bestimmt. Kosaka & Xie 2016 fanden heraus, dass die Erwärmungsphase 1910-1940 durch dieselbe Pazifiksteuerung verstärkt wurde. Ist ja logisch: Wenn die Ozeanzyklen die Erwärmung bremsen können, dann können sie sie auch beschleunigen. Dasselbe passierte übrigens auch 1975-2000. Die Klimamodelle hatten hier lange Zeit angenomen, dass diese Erwärmung vollständig anthropogenen Ursachen zuzuschreiben wäre. Eine krasse Fehlannahme. Als Folge wurde die CO2-Klimasensitivität drastisch überschätzt. Neuere Publikationen nehmen daher eine deutlich niedrigere Klimasensitivität des CO2 an als in den IPCC-Berichten beschrieben. Hier der Abstract von Kosaka & Xie 2016:

The tropical Pacific as a key pacemaker of the variable rates of global warming
Global mean surface temperature change over the past 120 years resembles a rising staircase
1, 2: the overall warming trend was interrupted by the mid-twentieth-century big hiatus and the warming slowdown2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 since about 1998. The Interdecadal Pacific Oscillation9, 10 has been implicated in modulations of global mean surface temperatures6, 11, but which part of the mode drives the variability in warming rates is unclear. Here we present a successful simulation of the global warming staircase since 1900 with a global ocean–atmosphere coupled model where tropical Pacific sea surface temperatures are forced to follow the observed evolution. Without prescribed tropical Pacific variability, the same model, on average, produces a continual warming trend that accelerates after the 1960s. We identify four events where the tropical Pacific decadal cooling markedly slowed down the warming trend. Matching the observed spatial and seasonal fingerprints we identify the tropical Pacific as a key pacemaker of the warming staircase, with radiative forcing driving the overall warming trend. Specifically, tropical Pacific variability amplifies the first warming epoch of the 1910s–1940s and determines the timing when the big hiatus starts and ends. Our method of removing internal variability from the observed record can be used for real-time monitoring of anthropogenic warming.

Bereits im Februar 2015 hatten Byron Steinman und Kollegen in Science die Ozeanzyklen als Temperatur-Oszillator identifiziert:

Atlantic and Pacific multidecadal oscillations and Northern Hemisphere temperatures
The recent slowdown in global warming has brought into question the reliability of climate model projections of future temperature change and has led to a vigorous debate over whether this slowdown is the result of naturally occurring, internal variability or forcing external to Earth’s climate system. To address these issues, we applied a semi-empirical approach that combines climate observations and model simulations to estimate Atlantic- and Pacific-based internal multidecadal variability (termed “AMO” and “PMO,” respectively). Using this method, the AMO and PMO are found to explain a large proportion of internal variability in Northern Hemisphere mean temperatures. Competition between a modest positive peak in the AMO and a substantially negative-trending PMO are seen to produce a slowdown or “false pause” in warming of the past decade.

So richtig froh wird die Steinman-Gruppe über den Ozeanzyklen-Mechnanimus jedoch nicht. Bereits der Begriff „falsche Pause“ deutet dies an. Um es deutlich zu sagen: Die Pause ist natürlich echt. Wie die Ozeanzyklen diese Oszillation genau verursachen, ist noch nicht ganz klar. Vermutlich wird dreißig Jahre lang Wärme im Ozean gebunkert, die dann in den darauf folgenden 30 Jahren wieder ausgepuckt wird. Während die Erwärmung während eines Hiatus auf der Meeres- und Landoberfläche stoppt, sollten die tieferen Wasserschichten wärmer werden. Das Gegenteil passiert dann drei Jahrzehnte später: Die tiefen Ozeanschichten kühlen ab, wohingegen sich die Oberflächentemperatur besonders schnell erhöht. Dies wäre dann eine „falsche Turboerwärmung“, um mit den Worten der Steinman-Gruppe zu sprechen. In der populärwissenschaftlichen Erläuterung ihrer Ergebnisse, behaupten dann Steinman et al. 2015 interessanterweise, dass die Erwärmungspause nun bald wieder vorbei wäre. Eine kühne These, wenn doch in Wirklichkeit erst 15 der 30 Jahre des Hiatus herum sind und die Ozeanzyklen jetzt kräftig nach unten ziehen. Hier die Beschreibung der „Significance“ aus dem Paper:

Is the end of the warming hiatus nigh?
Which recent climate changes have been forced by greenhouse gas emissions, and which have been natural fluctuations of the climate system? Steinman et al. combined observational data and a large collection of climate models to assess the Northern Hemisphere climate over the past 150 years (see the Perspective by Booth). At various points in time, the Pacific Decadal Oscillation and the Atlantic Multidecadal Oscillation have played particularly large roles in producing temperature trends. Their effects have combined to cause the apparent pause in warming at the beginning of the 21st century, known as the warming “hiatus.” This pause is projected to end in the near future as temperatures resume their upward climb.

Wer mehr zu dem Artikel wissen möchte, dem sei auch die Diskussion von Judith Curry empfohlen.

 

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