Filmkritik: Der Klimaschock – Profiteure, Kosten und Verlierer

Es ist doch immer wieder aufschlussreich, in alten Fotos zu wühlen oder in alten Tagebuchaufzeichnungen zu stöbern. Was hatte der Franz denn für einen seltsamen Haarschnitt damals? Und was hatte denn die Jutta damals für schräge Ansichten?

Aus diesem Blickwinkel wollen wir uns heute einmal einen alten Klimawandel-Doku-Schinken mit dem Titel „Der Klimaschock – Profiteure, Kosten und Verlierer“ vornehmen, der im Mai 2007 im WDR seine Erstaufführung hatte. In Kürze wird der Film auf dem ARD-Kabelsender Einsfestival wiederholt (29.8.2012 und 30.8.2012). Alternativ kann man sich den Streifen auch auf youtube anschauen:

 

 

Bereits der Titel weckt Interesse: Klar, beim Klimawandel geht es auch um viel Geld. Wenn die apokalyptischen Prognosen zutreffen sollten, geht es um enorme Schadenssummen bzw. riesige Kosten durch Umbau unserer Industriegesellschaft. Falls sich aber die Klimawarnungen als übertrieben herausstellen sollten, so werden enorme Gelder unsinnig vernichtet und in fragwürdiger Weise umverteilt. Es lohnt sich also wirklich, das Thema näher zu beleuchten.

Zunächst sei erwähnt, dass das Autorenteam des Films, Gudrun Thoma und Sebastian Schütz, klar hinter den IPCC-Prognosen steht und diese auch nicht anzweifelt. Grundannahme und die hieraus abgeleitete Frage des Films ist:

Immer mehr Stürme, Hochwasser, Hitzewellen – auch in Deutschland. Das Klima spielt verrückt. […] Der Klimawandel ist da. Werden wir uns dieses neue Wetter leisten können?

Schon damals, vor mehr als fünf Jahren, mischte Claudia Kemfert kräftig mit und darf im Film ein Szenario anführen, bei dem es bis ca. 2050 bis zu 800 Milliarden Euro Klimaschäden in Deutschland geben würde. Auch der fragwürdige Stern-Report wird zitiert, in dem eine Weltwirtschaftskrise wegen der Klimakatastrophe sowie der Zusammenbruch der Finanzmärkte vorausgesagt wurde. Tja, wie wir heute wissen, braucht es dafür gar keinen Klimawandel… Stern drohte zudem, dass die Kosten des Klimawandels schlimmer und teurer sein werden als die Folgen beider Weltkriege, wenn nicht sofort etwas dagegen unternommen wird. PIK‘s Ottmar Edenhofer lobt den Klimaschutz à la Stern im Film als gutes Investment.

Wenn man die wissenschaftlichen Zusammenhänge etwas kennt, müsste man eigentlich mit den Autoren des Films etwas böse sein. Neueste Forschungsergebnisse zeigen zweifelsfrei: Ein unnatürliche Zunahme ist in den diversen Extremwetter-Disziplinen bislang nicht festzustellen (siehe unsere Blog-Artikelübersicht hier). Dies hat im Prinzip auch der letzte IPCC-Extremwetter-Bericht bestätigt. Wie kann man nur einen solch alarmistischen Film machen, wenn die Fakten doch eine ganz andere Sprache sprechen? Aber lassen wir das mal beiseite. Nehmen wir einmal an, dass sich die Film-Autoren einfach auf die Aussagen des Weltklimarats verlassen haben, so wie es viele Klimaskeptiker früher ebenfalls getan haben, bevor sie durch Diskrepanzen schließlich hellhörig wurden.

Dafür schneiden die Filmemacher eine andere, sehr interessante Frage an, nämlich wer eigentlich von den ganzen Maßnahmen profitiert. Der Sprecher im Film sagt hierzu bemerkenswerte Dinge:

„Es geht nämlich ums Geld. Und das macht die Sache sexy und modern. Begriffe wie Investment, Rendite und Cash Flow spielen plötzlich eine Rolle. Profit durch Klimaschutz. Das ist neu. Und weckt Begehrlichkeiten. Vorreiter in diesem Bereich ist die Münchener Rück Versicherung, der Versicherer aller anderen Versicherungsunternehmen. Über 30% Gewinnsteigerung im Jahre 2006. Die Münchener Rück versteht was vom Geschäft mit dem Klima.“

In der Tat. Die Münchener Rück hat den Großteil der deutschen Medien gut im Griff und rührt dort regelmäßig die Werbetrommel für die Klimakatastrophe (siehe z.B. unsere Blogbeiträge „Munich Re rührt wieder kräftig die Werbetrommel für Sturm- und Dürreversicherungen“ und „Die Versicherungswirtschaft und die Klimakatastrophe: Eine unheimliche Liaison“). Das tat der Rückversicherer bereits 2007 erfolgreich, insbesondere der Leiter der Munich-Re-Georisikoforschung, Peter Höppe, der im Film kräftig mitwirbelt. Höppe suggeriert fälschlicherweise, dass der Trend klar wäre und die Katastrophen bereits zugenommen hätten. Insbesondere die Winterstürme machen Deutschland schwer zu schaffen und sind bereits die teuersten Schadensverursacher in Deutschland. Höppe stand damals offenbar noch voll und ganz unter Einfluss des winterlichen Kyrill-Orkans, der im Januar 2007 verheerende Schäden in Deutschland angerichtet hat. Höppe sagte im Film 2007, dass sich die Wintersturm-Tätigkeit auch eher noch weiter im Zuge der Klimaerwärmung verstärken wird und diese Winterstürme daher Deutschlands größtes Sorgenkind bleiben werden. Dabei übersah Hoppe offensichtlich, dass die schlimmsten Stürme in Mitteleuropa stets an kalte Temperaturen gebunden waren. Die Praxis zeigt: Je wärmer das Klima, desto seltener und schwächer werden die Stürme (siehe unser Blogartikel „Eine unbequeme Wahrheit: Während der Kleinen Eiszeit waren die Stürme in Europa stärker als heute“). Selbst die Computermodelle können keinen weiteren Anstieg der Sturmtätigkeit für die Zukunft simulieren.

Dann folgt eine Art Werbeauftritt eines Versicherungskunden aus der Nähe von Dortmund, dem der Wintersturm Kyrill 2007 seine Gartenlaube weggepustet hat. Ähnlich wie in der Waschmittelwerbung preist der Mann die Sturmversicherungen in den höchsten Tönen an: Ja, es gab große Schäden. Aber das ist alles kein Problem, am nächsten Tag war schon jemand von der Versicherung dagewesen und hat sofort alles mit seinem Checkbuch bezahlt. Oh toll, denkt sich der Zuseher. Die Stürme werden also immer gefährlicher. Aber zum Glück kann ich mich ja durch Versicherungen schützen. Da will ich auch sofort eine von abhaben. Wo muss ich unterschreiben? Es fehlte nur noch die Kennzeichnung der Passage als „Dauerwerbesendung“. Der Sprecher im Film sagt:

„Bei der Münchener Rück wird jetzt neu gerechnet. Die Folge: Die Versicherungen werden teurer.“

Interessant. Wie wir heute wissen, sind die Winterstürme in Mitteleuropa keineswegs immer schlimmer und häufiger geworden. Ganz im Gegenteil, die schlimmsten Stürme gab es in der Kleinen Eiszeit als es fürchterlich kalt war. Aufgrund der Klimaerwärmung ist ein weiteres Abflauen der Stürme wahrscheinlich. Und die Munich Re hat bereits „gerechnet“ und die Versicherungen aufgrund der fragwürdigen Prognosen verteuert? Wie passt das zusammen? Wieder meldet sich der Sprecher im Film zu Wort:

„Noch ist die Münchener Rück in dieser schönen neuen Welt der Klimawandelrendite fast alleine unterwegs. Kaum eine andere Branche verspricht sich bislang gute Gewinne im Geschäft mit dem Klimaschutz.

Szenenwechsel. Es geht in eine Klopapierfabrik. Durch „tagelangen, stürmischen Schneefall“ litt die Fabrik 5 Tage lang unter Stromausfall, weil die Strommasten eingeknickt waren. Der Film suggeriert, dass möglicherweise die Klimakatastrophe daran Schuld hat. Wie bitte? Laut IPCC-Prognosen soll es doch immer wärmer werden. Wie kann Dauerschneefall eigentlich Folge der Klimaerwärmung sein?

Der Film behandelt dann den frühen Emissionshandel, der laut Kemfert und Sigmar Gabriel ein Fehlschlag war, da zu viele Fehler gemacht wurden. Auf den Hinweis, dass die Preise für die Verbraucher steigen werden, reagiert Gabriel gereizt. Dann sollen die Leute doch endlich mal anfangen Energie zu sparen, sagte er. Dann sparen sie sich die Mehrkosten. Sehr tröstlich.

Der sicherlich sehr gut bezahlte Banker von der Dresdner Bank lächelt im Film nur und sagt, dass Flugreisen früher ja auch Luxus waren und dies durchaus bald wieder so sein könnte. Und das ist ja gut fürs Klima, wenn weniger fliegen. Sagte er und plante vermutlich im Geiste schon seine nächste Reise auf die Malediven, wo er nun bald endlich nicht mehr vom einfachen Touristen-Volke gestört werden wird, da jene nun leider aus Kostengründen wohl zuhause bleiben müssen. Die Filmautoren haben das Problem durchaus erkannt und lassen den Sprecher sagen:

„Der Klimawandel wird die Gesellschaft mehr durcheinander wirbeln als es sich die meisten bislang vorstellen können. Zu den Verlusten die durch Naturkatastrophen verursacht werden, kommen die rasant steigenden Kosten im täglichen Leben. Nicht jeder wird sich das leisten können. […] Die sozialen Fragen des Klimawandels sind noch kein Thema [in der Politik].

Wieder Szenenwechsel. Es geht in die Alpen wo ein schneearmer Winter 2006/2007 den Skitourismus hart getroffen hat. Die Urlauber blieben weitgehend aus und Skiverleiher überlegen im Film laut, auf Nordic Walking, Kräuterwanderungen und Mountainbike-Touren auszuweichen. Wieder betritt Munich Re’s Höppe die Bühne: Der Winter 2006/2007 wäre ein Beispiel, wie der Winter in Zukunft aussehen wird. Noch müsste man das als Ausreißer zur warmen Seite interpretieren, aber in ein paar Jahrzehnter wäre das der Normalfall. Die alpine Skibranche stünde vor dem Aus. Daher wollen Versicherungen bald für die Skiverleiher in den Alpen auch keine Schneeausfallversicherung mehr abschließen. Ach hätten sie es doch gemacht, dann hätten sie gut verdient. Wie wir heute wissen, folgte eine Serie von bitterkalten Schneewintern. Und ganz im Gegensatz zu Höppes Vorstellungen hat die Wissenschaft vor kurzem herausgefunden, dass die Winter bei uns wohl doch wieder kälter werden. Grund: Die Klimaerwärmung!

Der Film macht sich dann kurz Sorgen um die deutschen Nordseeinseln, die durch den Meeresspiegelanstieg und mehr Sturmfluten bald im Meer versinken würden. Nur seltsam, dass sich der Meeresspiegelanstieg in letzter Zeit gar nicht beschleunigt hat, wie immer angedroht (siehe unsere Blogartikel hier). Trotzdem hat die Klimaerwärmung auch etwas Gutes: Der Tourismus auf den Inseln wird boomen, denn es wird ja immer wärmer werden. Schade nur, dass der größte Teil des Sommers 2012 so kalt und regnerisch war (siehe unser Blogartikel „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“). Auch Kemfert wusste 2007 bereits etwas über die Nordseeinseln zu berichten. Durch Überschwemmung würden diese bald unbewohnbar, die Bewohner müssen umgesiedelt werden und die Inseln aufgegeben werden. Mit einigen Jahren zusätzlichen Daten können wir heute sagen, dass dieses Szenario ziemlich utopisch klingt. Ebenso wie die 5 Grad Temperaturanstieg die PIK’s Edenhofer gegen Ende des Films in die Debatte wirft. Auch in den letzten 5 Jahren, seit Erstausstrahlung des Films, ist die Temperatur kein bisschen mehr angestiegen.

Die Filmautoren vermuten abschließend, dass es Instituten wie dem PIK wohl vollkommen egal ist, dass sich einkommensschwächere Teile der Bevölkerung keinen sparsamen Neuwagen leisten können, und ihnen durch die höheren Spritkosten noch mehr aus dem Portemonnaie gezogen wird. Der Film schließt mit einem sehr schönen, vielsagenden Statement:

Bei dem Erfolgsmodell wird es nicht nur Gewinner geben. Denn in dieser schönen neuen Welt der Klimaschutzrendite soll mit harten Bandagen für den eigenen Profit gekämpft werden. Nur die Cleveren machen das Geschäft.

 

 

Mit Dank an Rainer Hoffmann für Unterstützung.

 

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