Fritz Vahrenholts Sonnenkolumne 8/13: Wissenschaft bei der Arbeit

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im August 2013 sahen wir eine gemäßigte Aktivität der Sonne, die Sonnenfleckenzahl (Sunspotnumber-SSN) betrug 66. Das sind fast 2/3 der in diesem Zyklusmonat üblichen mittleren Aktivität, festgestellt seit 1750. Der aktuelle Sonnenzyklus-Verlauf (SC24) ähnelt nach wie vor sehr dem des Sonnenzyklus 5 des Dalton Minimum um 1800, wie der Beitrag von Frank Bosse zeigt. Das Maximum ist vorbei. Sehr wahrscheinlich geht es nun stetig bergab, einzelne Ereignisse können dennoch für Aufregung sorgen.

Es wurde eine ganze Reihe von Aufsätzen veröffentlicht, die die Gesamtstrahlung der Sonne als „big player“ für die globalen Temperaturen weitgehend ausschließen. Eine ganz neue ist Roth & Joos 2013. Ergebnis: mehr als 0,1 Grad Celsius könnten Änderungen der Gesamtstrahlung (TSI) angeblich nicht bewirken. So kommt auch die FAZ am 1. September 2013 zum Ergebnis, dass die „Sonne als Taktgeber“ für die festzustellende 15- jährige Temperaturstagnation “ wohl ausscheidet“. Jedoch berichteten wir an dieser Stelle mehrfach: In der Vergangenheit sind viel stärkere Klimaänderungen im engen Zusammenhang mit der Sonnenaktivität beobachtet worden. Es muss also etwas geben, das die Wirkung von TSI verstärkt. Heiße Kandidaten: die Variation der UV-Strahlung und kosmische Strahlung.

Die UV Strahlung hat seit der Kleinen Eiszeit bis 2000 bis zu 26 % zugenommen (Die kalte Sonne S.65). Der Einfluss des UV auf die Stratosphäre und die Ozonbildung ist unbestritten. Die kosmische Strahlung verhält sich nahezu umgekehrt zur Aktivität der Sonne: wenig Aktivität führt zu hoher Beaufschlagung mit kosmischer Strahlung.  Dass diese in den hohen Schichten zu vermehrter Bildung von sehr kleinen Kondensationskeimen führt, wusste man schon länger. Aber die Keime müssen größer sein, um die Wolkenbildung zu beeinflussen. Dann könnten sie als Kondensationskeime wirken und die Bewölkung wachsen lassen, vor allem in  niedrigen Höhen. Sollte dies nachgewiesen werden wäre eine Wirkungskette bestätigt: Mehr Strahlung führt zu mehr niedriger Bewölkung, diese erhöht das Rückstrahlvermögen der Erde (die Albedo) und es kühlt ab. Svensmark hatte das schon vor einigen Jahren postuliert, im Buch „Die kalte Sonne“ wird darauf ausführlich eingegangen.

Aber wie kann man diese „Kettenreaktion“ beweisen? Über einen großen Schritt berichtet Svensmark  in einer aktuellen Publikation aus dem Juni 2013 im Journal of Physics. Bei Anwesenheit von ionisierender Strahlung können aus Aerosolen und sehr kleinen Keimen deutlich mehr Kondensationskeime größer als 50nm („Droplets“) wachsen und damit die Wolkenbildung beeinflussen als ohne diese Strahlung. Für diese Forschung ist sehr viel Aufwand notwendig: es müssen Kammern gebaut werden, in denen man die Hochatmosphäre möglichst perfekt modellieren kann. Wissenschaft ist manchmal ein steiniger Weg und alles was ein Team herausarbeitet muss mindestens ein zweites bestätigen. Im weltgrößten Teilchenbeschleuniger LHC in Genf  steht eine zweite Versuchsanordnung (das Experiment“ Cloud“) bereit, die Ergebnisse zu reproduzieren.

Dass uns kühle Zeiten auf Grund der absinkenden Aktivität der Sonne bevorstehen, erwarten Klimaforscher wie Jan-Erik Solheim von der Universität Tromsö. Solheim konnte einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Länge eines Sonnenzyklus und der Temperatur im darauffolgenden Zyklus ermitteln. Schon Solanki konnte 2002 zeigen, dass die Länge eines Sonnenzyklus die Anzahl der Sonnenflecken des nächsten Zyklus prägt. Einem langen Zyklus folgte ein Zyklus mit schwacher Aktivität und umgekehrt. Mit 12,6 Jahren war der letzte Sonnenzyklus 23 ausgesprochen lang. Der Solarzyklus 4 ging  dem sehr schwachen Dalton Zyklus 5 voran und  war mit 13,6 Jahren ebenfalls sehr lang.

Solheim postuliert nun, dass mit einem Zeitverzug eines Sonnenzyklus sich der lange Zyklus SC23 auswirkt und kommt zum Ergebnis, dass sich die Nordhemisphäre im Verlaufe des SC 24 – also bis 2020 – um 0,9 Grad Celsius abkühlen wird. Wir verstehen den Mechanismus noch nicht vollständig, mit welchen Verstärkereffekten sich die Sonne auf das Erdklima auswirkt. Aber der Blick in die historischen Daten zeigt, dass der Einfluss  nicht unter den Tisch gekehrt werden darf, wie es der in den nächsten Tagen veröffentlichte 5. Bericht des Weltklimarates erneut tun wird. Die ersten Tage des September zeigen eine sehr schwache Sonnenfleckenaktivität. Die Sonne ist heute fast sonnenfleckenfrei. Und das am Maximum des 24. Sonnenzyklus.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Fritz Vahrenholt

 

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