Hurrikanaktivität hat während der vergangenen 65 Jahre abgenommen

Die Hurrikansaison ist erstmal vorbei. Das bietet eine gute Gelegenheit, unaufgeregt in die Fachliteratur hineinszuschauen. Was gibt es Neues? Am 8. Dezember 2017 erschien in den Geophysical Research Letters eine Arbeit von Ryan Truchelut und Erica Staehling. Sie untersuchten die Entwicklung der nordamerikanischen Hurrikane auf Basis der sogenannten „angehäuften Zyklonenergie“ (accumulated cyclone energy, ACE). Die Forscher fanden eine statistisch signifikante Abnahme der Hurrikanaktivität während der vergangenen 65 Jahre. Die Hurrikanflaute der letzten Jahre (mit Ausnahme des sehr aktiven Jahres 2017) stellte dabei die inaktivste Phase des gesamten Untersuchungszeitraums dar. Abstract:

An Energetic Perspective on United States Tropical Cyclone Landfall Droughts
The extremely active 2017 Atlantic hurricane season concluded an extended period of quiescent continental United States tropical cyclone landfall activity that began in 2006, commonly referred to as the landfall drought. We introduce an extended climatology of U.S. tropical cyclone activity based on accumulated cyclone energy (ACE) and use this data set to investigate variability and trends in landfall activity. The drought years between 2006 and 2016 recorded an average value of total annual ACE over the U.S. that was less than 60% of the 1900–2017 average. Scaling this landfall activity metric by basin-wide activity reveals a statistically significant downward trend since 1950, with the percentage of total Atlantic ACE expended over the continental U.S. at a series minimum during the recent drought period

Das CO2 in der Atmosphäre steigt unablässig, die Hurrikanaktivität sinkt. Offenbar haben die beiden Trends wenig miteinander zu tun. Angesichts der klaren Faktenlage wundert es nicht, dass die NOAA (über das Geophysical Fluid Dynamics Laboratory, GFDL) in einem offiziellen Statement vor einer Verknüpfung von Treibhausgasen und Hurrikanen dringend warnt:

It is premature to conclude that human activities–and particularly greenhouse gas emissions that cause global warming–have already had a detectable impact on Atlantic hurricane or global tropical cyclone activity. That said, human activities may have already caused changes that are not yet detectable due to the small magnitude of the changes or observational limitations, or are not yet confidently modeled (e.g., aerosol effects on regional climate).

In Potsdam nimmt man es mit den Fakten nicht ganz so genau. Hauptsache schrill. Anlässlich des Hurrikan Harvey trat Anders Levermann in einem Rundfunkinterview am 1.9.2017 bei Radio Eins auf. Dort sagte er: Wenn es wärmer wird kommt mehr Wasserdampf in die Atmosphäre und es gibt mehr Regen und dann passiert so ein Hurrikan mit Flutkatastrophe in Houston. Ganz einfach, oder? Etwas später im Interview fügt Levermann übrigens noch ein „vielleicht“ hinzu.

Was Levermann hier macht ist eine schlimme Irreführung der Hörer, denn die Abnahme der Hurrikanaktivität während der letzten 65 Jahre spricht eindeutig gegen den simplistischen Ansatz. Bei der BBC geht man seriöser an die Sache und verschweigt die Komplexität nicht. Gerade die Verbindung von Hurrikanen und Klimawandel ist sehr schwierig herzustellen denn es gibt viele Effekte die zu beachten sind. Neben den thermodynamischen kommen strömungstechnische hinzu und die Zuweisung des Ereignisses zum Klimawandel ist kaum möglich da sich die beteiligten Faktoren verstärken oder auslöschen können. Eine genügend auflösende Modellierung ist auch nicht möglich. In Houston kam eine blockierende Wetterlage hinzu, sie bewirkte das lange Verharren des Regens über einem kleinen städtischen Raum.

Wer da mal so einfach behauptet, dass ein (gewisser..welcher?) Teil des Desasters dem menschgemachten Klimawandel zuzuschreiben ist und auch die Freud’sche Fehlleistung eines relativierenden „vielleicht“ korrigiert, macht es sich viel zu einfach. Der Versprecher offenbart übrigens, dass Levermann es besser weiß. Das „vielleicht“ war nur kontraproduktiv für die Propagandamission. Alle Katastrophen müssen zwanghaft dem menschgemachten Klimawandel zugewiesen werden. Ein „vielleicht“ stört da nur. Die Auflösung der Frage wo das Problem in Houston lag, findet man übrigens auch im Artikel von BBC:

„Climate change did not make people build along a vulnerable coastline so the disaster itself is our choice and is not linked to climate change.“

Auch bei der ARD ist man vorsichtig geworden. Der TV-Meteorologe Donald Bäcker erteilte den Postdamer Schnellschüssen eine klare Absage.

Im Juni 2017, zu Beginn der Hurrikansaison, veröffentlichten Judith Curry und CFAN eine Prognose. Darin gingen sie von einer überdurchschnittlichen Aktivität aus. Sie hatten Recht. Wenn das auch im nächsten Jahr so gut klappt, dann gäbe es eine wichtige neue Vorhersagemethode, die für die Gesellschaft zwecks Vorsorge überaus nützlich wäre.

Noch mehr Prognosen: Hurrikane haben einen gewissen Vorlauf. Auf Satellitenbildern kann man die Entstehung der Stürme vor Westafrika verfolgen. Aber nicht alle afrikanischen Babyhurrikane schaffen es über den Atlantik nach Amerika. Die Tel Aviv University hat jetzt ein Modell entwickelt, mit dem man bestimmen kann, welche Stürme gefährlich und welche sich auflösen werden. Pressemitteilung hier.

Mittelfristig lässt sich die Hurrikanaktivität ganz gut vorhersagen, denn sie ist eng an den AMO-Ozeanzyklus gekoppelt, die Atlantische Multidekadenoszillation, die eine Periodizität von 60 Jahren besitzt. Michel de Rougemont erinnerte daran in einem Aufsatz in WUWT.

In der FAZ wies Winand von Petersdorff am 31. August 2017 auf einen wichtigen Schadensfaktor von Hurrikan Harvey hin:

Flut in Houston: Das menschengemachte Desaster
Der Großraum Houston boomt seit Jahren. Der Preis: Viele Häuser entstanden in klassischem Hochwassergebiet. Das Risiko dafür trägt der amerikanische Steuerzahler. […] Die gewaltigen Kosten entstehen vor allem, weil der seit Jahren boomende Großraum Houston mit seinen 6,5 Millionen Menschen im großen Stil Bebauungen in Niederungen zugelassen hat, die regelmäßig von Überflutungen und Hochwasser heimgesucht werden. Nicht umsonst ist Houston für seine liberale Baugesetzgebung im ganzen Land bekannt. Die Bebauungen, des Seeblicks wegen oft rund um kleine Buchten errichtet, produzieren gleich mehrere Probleme. Die Häuser werden häufiger als üblich von Naturkatastrophen getroffen.

Weiterlesen in der FAZ

 

Teilen: