In der Fachwelt durchgefallen: Fragwürdige arktische Methan-Schadensstudie ohne robuste wissenschaftliche Grundlage

Die von IPCC-Unterstützern geliebte Methan-Bombe feierte kürzlich in der Presse ein kurzlebiges Comeback. Spiegel Online berichtete im Juli 2013:

Klimawandel: Forscher warnen vor arktischer Kosten-Zeitbombe
Das Tauwetter in der Arktis weckt Hoffnungen auf einen Rohstoff-Boom. Jetzt aber haben Forscher berechnet, welche Kosten der Klimawandel im hohen Norden verursachen könnte. Das Ergebnis ist eine schwindelerregende Zahl: Sie entspricht fast der gesamten jährlichen Weltwirtschaftsleistung. […] Die Wirtschaftswissenschaftlerin Gail Whiteman von der Erasmus-Universität in Rotterdam rechnet zusammen mit Chris Hope und Peter Wadhams von der University of Cambridge vor, wie teuer der Klimawandel am Pol für die gesamte Welt werden dürfte. Die Forscher kommen auf 60 Billionen Dollar – das entspricht beinahe der gesamten Weltwirtschaftsleistung 2012. […] Natalia Schachowa von der University of Fairbanks in Alaska hatte 2010 erstmals über das beunruhigende Phänomen des Methanaustritts vor Sibirien berichtet, das eine Art arktische Zeitbombe sein könnte. Bisher liegt das Methan in den flachen Meeren vor Russlands Küste als sogenanntes Gashydrat am Ozeanboden vor. Das ist ein Gemisch aus Eis und Methan. Doch im wärmer werdenden Wasser zersetzt sich die frostige Melange, und das Methan blubbert in die Atmosphäre. Weil es sich um ein sehr kräftiges Treibhausgas handelt, wird die Erderwärmung so noch weiter befeuert.

Eine Wissenschaftlergruppe verkündet eine drohende Klimakatastrophe, und Wirtschaftswissenschaftler nehmen den Ball sogleich auf und bauen auf Basis dieses fraglichen Modells wirtschaftliche Schreckensszenarien. Dies ist klimakatastrophaler Mannschaftssport der fördermitteltechnisch äußerst lukrativ ist. Nun weist der Spiegel-Artikel selbst darauf hin, dass die arktische Methan-Apokalypse bereits im Jahr 2010 postuliert wurde. Haben andere, unabhängige Forscher dieses Konstrukt mittlerweile bestätigen können? Spiegel Online Autor Christoph Seidler scheint die jüngste Berichterstattung seiner eigenen Kollegen nicht zu kennen. Mitte Mai 2013 hatte Axel Bojanowski über neueste Forschungsergebnisse zu diesem Thema geschrieben („Keine Freisetzung: Tundra sichert gefährliches Klimagas„). Tenor der Arbeit: Der Karbonhaushalt in der Tundra bleibt trotz Klimawandels stabil. Die postulierte Methan-Klimabombe hat sich als Blindgänger erwiesen. Die Grundlage der hochtrabenden, medial spektakulär verbreiteten klimatischen Kostenexplosion ist fehlerhaft. Folglich sind alle wirtschaftlichen Schadens-Berechnungen die auf diesem instabilen Datenfundament errichtet wurden ebenfalls unbrauchbar.

Die wirklichen Fakten scheinen jedoch bestimmte Vertreter der Medien gar nicht zu interessieren. Sie sind offenbar vor allem darauf bedacht, die Leserschaft mit Horror-Stories gruselig zu unterhalten. Mit redlichem Journalismus hat dies jedenfalls nichts mehr zu tun. Auch Christopher Schrader von der Süddeutschen Zeitung fiel mit seinem Artikel „Ein teurer Rülpser“ auf die neue Schadens-Studie herein. Schrader macht bereits seit geraumer Zeit gemeinsame Sache mit der klimaaktivistischen Seite. Es wundert daher nicht, dass er sogar von einem noch viel höheren Methan-Schaden ausgeht und dabei Anders Levermann aus dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in seinem Artikel zitiert, ein enger Vertrauter von Stefan Rahmstorf. Pikant am Rande: Bis vor 10 Jahren war Levermann noch gar kein Klimaforscher und wurde vermutlich aufgrund seiner klimaaktivistischen Loyalität im Schnellverfahren in Potsdam zum Professor ernannt. Schrader schreibt in seinem Zeitungsbeitrag:

Von Kollegen der drei Forscher werden die konkreten Beträge, die [Whiteman und Kollegen] nennen, eher mit Kopfschütteln quittiert. „Das Berechnungsverfahren ist zwar State-of-the-Art, aber immer noch viel zu ungenau“, sagt Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der an einer ähnlichen Abschätzung arbeitet. Viele Details fehlten, etwa die Folgen von Extremwetter-Ereignissen oder eines Anstiegs des Meeresspiegels, die wirtschaftliche Zentren wie das direkt am Atlantik gelegene New York oder den Hafen von Rotterdam lahmlegen könnten.

Die angesehene Klimawissenschaftlerin Judith Curry macht in einem Artikel mit dem Titel „Arctic time bomb (?)“ in ihrem Blog deutlich, dass eine Vielzahl von Fachkollegen den arktischen Methan-Katastrophismus nicht teilen. Selbst der IPCC-nahe Gavin Schmidt von der NASA scheint das Risiko einer raschen Methanfreisetzung in der Arktis als nur gering einzuschätzen. Selbst der Kipppunkt-Spezialist Tim Lenton von der Exeter University erkennt keine drängende Gefahr und sieht den Prozess eher auf einer Zeitskala von tausenden bis zehntausenden von Jahren ablaufen. Auch ein Beitrag von Carolyn D. Ruppel aus dem Jahr 2011 scheint in diese Richtung zu weisen. Curry zählt in ihrem Artikel weitere kritische Stimmen auf, darunter David Archer von der University of Chicago, der das Methan-Klimabomben-Szenario als „vollständig unbelegt“ bezeichnet.

Ganz offensichtlich haben sowohl Spiegel Online als auch die Süddeutsche Zeitung ihre Leser nicht vollständig und ausgewogen informiert. Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas wäre eine Richtigstellung dringend angezeigt.

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