Keine Spur vom angeblichen Hitzejahr 2014 in den globalen Satellitendaten

In der Welt vom 27. November 2014 kommentierte Ulli Kulke den diesjährigen Temperaturrekord Deutschlands in ausgewogener Weise:

Das Jahr 2014 wird nach Erwartungen der Meteorologen aller Wahrscheinlichkeit nach das wärmste in Deutschland seit Beginn der offiziellen Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Was Gerhard Adrian, Präsident des Deutsche Wetterdienstes (DWD), gleich in die Vollen gehen lässt: „2014 könnte für einen klimatologischen Paukenschlag sorgen.“ Es gab Zeiten, da hat man solche Spitzenwerte etwas kühler aufgenommen, weil noch jedes zweite Jahr einen spektakulären Wärmerekord mit sich brachte und man sich an den Anstieg gewöhnt hatte. Seit 2007 jedoch wurden keine neuen Höchstmarken mehr aufgestellt. Der letzte Spitzenwert für einen Oktober stammt sogar aus dem Jahr 2001 – noch vor dem diesjährigen. Die Tendenz zur Erwärmung in Deutschland hat – wie im globalen Durchschnitt – seit Beginn des Jahrtausends an Fahrt verloren. Wie es in den nächsten Jahren weitergehen wird, kann niemand vorhersehen. Allerdings: Trotz ausbleibenden Anstiegs sind die Temperaturen auch in den letzten 15 Jahren durchaus auf einem hohen Plateau verblieben. Und so war es beim Auf und Ab der Jahreskurven nur eine Frage der Zeit, wann wieder ein etwas deutlicherer Ausschlag nach oben erfolgen würde.

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Auch beim Deutschen Klimakonsortium (DKK) ist man vorsichtiger geworden und gibt zu bedenken, dass Regionalrekorde wie in Deutschland wenig über den globalen Klimawandel aussagen. Am 18. Dezember 2014 hieß es in einer „Stellungnahme des Deutschen Klima-Konsortiums zum Temperaturrekord 2014„:

Allerdings ist nur die globale Mitteltemperatur ein zuverlässigerer Indikator für die Erderwärmung. Nimmt man für diese die vorläufigen Daten für die Monate Januar bis November 2014 als Anhaltspunkt, dann fallen jetzt vierzehn der insgesamt fünfzehn wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen in das 21. Jahrhundert.

Dennoch ist es zu früh, bereits sicher von dem Ende der seit etwa 15 Jahren anhaltenden „Erwärmungspause“ und einer beschleunigten Erwärmung während der kommenden Jahre auszugehen. Denn die globale Erdoberflächentemperatur unterliegt Schwankungen von Jahr zu Jahr und von Jahrzehnt von Jahrzehnt. Erst mit den Folgejahren wird sich beurteilen lassen, in wieweit die globale Erwärmung der Erdoberfläche wieder Fahrt aufgenommen hat.

Neben Sonneneinstrahlung und Vulkanaktivität sind die Ozeane ein wesentlicher Klimafaktor. Aktuellen Forschungsergebnissen zufolge haben die Weltmeere während der letzten 40 Jahre gut 90 Prozent der Energie gespeichert, die aufgrund der erhöhten Treibhausgaskonzentrationen zusätzlich im Klimasystem verblieben ist. Phasen vermehrter ozeanischer Wärmeaufnahme wechseln sich dabei mit Phasen schwächerer Aufnahme ab. Damit verbunden kommt es auch zu Schwankungen der Meeresoberflächentemperaturen. Prominentes Beispiel ist das Klimaphänomen El Niño im tropischen Pazifik mit einer mittleren Periode von etwa vier Jahren. Während eines El Niño-Ereignisses erwärmt sich das Oberflächenwasser in weiten Teilen des tropischen Pazifiks, was auch die über den Globus gemittelte Erdoberflächentemperatur mitbestimmt.

Das Wechselspiel zwischen dem Ozean und der Atmosphäre ist ein wichtiger Grund für den etwa seit der Jahrtausendwende verlangsamten Anstieg der globalen Erdoberflächentemperatur. Obwohl sich 2014 bisher noch kein vollständig ausgeprägtes El Niño-Ereignis entwickelt hat, lagen die globalen Oberflächentemperaturen laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) im Zeitraum Januar bis Oktober 2014 knapp 0,6°C über dem Durchschnitt der Jahre 1961-1990 und damit sogar oberhalb des Wertes von 2010, dem global bislang wärmsten Jahr. El Niño-Ereignisse zeigen sich in der globalen Erdoberflächentemperatur in der Regel erst ein Jahr später. So war die Rekordtemperatur des Jahres 2010 vom El Niño der Jahre 2009/2010 beeinflusst. Sollte sich in den nächsten Wochen das bislang noch schwach ausgeprägte El Niño-Ereignis verstärken, wird dieser Effekt voraussichtlich erst 2015 vollständig zu sehen sein.

Es ist ermutigend zu sehen, dass das Klimakonsortium nun endlich auch offiziell die systematische Beteiligung der Ozeanzyklen und Sonnenaktivitätsschwankungen am Klimageschehen einräumt. Das DKK erklärt die Erwärmungspause mit einem kühlenden Ozeanzyklus. Nichts anderes haben wir in unserem Buch „Die kalte Sonne“ getan, das das DKK am 6. Februar 2012 in einer anderen Stellungnahme voreilig verdammt hatte. Damals hatte das DKK und der Autor der Stellungnahme, Jochem Marotzke, offensichtlich noch die Wirkung der Ozeanzyklen unterschätzt. In der DKK-Stellungnahme zum Buch hieß es damals:

Rein natürliche Schwankungen ­- wie etwa Änderungen der Sonnenaktivität – können hingegen nicht hauptsächlich für die globale Erwärmung in den letzten Jahrzehnten verantwortlich sein, auch wenn das kürzlich erschienene Buch von Vahrenholt und Lüning dies behauptet. Für ihre Behauptung liefern die Autoren keinen wissenschaftlich belegten Nachweis.

Pierre Gosselin dokumentierte den Sinneswandel des DKK am 19. Dezember 2014 in seinem Blog Notrickszone.com und wundert sich, dass sich das Klimakonsortium noch immer nicht den Mut besaß, seine damals verbreitete Einschätzug zum Buch zu revidieren. Gosselin schreibt:

Does anyone think they will do the honorable thing and admit that Die kalte Sonne authors Prof. Vahrenholt and Sebastian Lüning claims had merit after all? Professional and honorable scientists would certainly do so. 

Bei dem ganzen Gerede über neue mögliche globale oder regionale Temperaturrekorde 2014 sollte man den Blick in die harten Daten nicht ganz vergessen. Zunächst schauen wir uns zwei globale Satelliten-Temperaturdatensätze an, nämlich den von RSS (Abbildung 1) und UAH (Abbildung 2). Die Charts wurden am 21. Dezember 2014 auf woodfortrees.org generiert. Die Überraschung ist groß: Das Jahr 2014 gehört laut den vorläufigen Daten eher zu den durchschnittlichen Jahren des seit 1998 anhaltenden Temperaturplateaus, wenig rekordverdächtig.

 

Abbildung 1: Temperaturentwicklung von 1979 bis Mitte Dezember 2014 gemäß Satellitendatensatz RSS.

 

Abbildung 2: Temperaturentwicklung von 1979 bis Mitte Dezember 2014 gemäß Satellitendatensatz UAH.

 

Der in den Medien behauptete Rekord bezieht sich auf einzelne Oberflächentemperaturdaten, die im großen Maßstab nach undurchsichtigen Methoden „korrigiert“ werden. Christopher Booker erläuterte am 6. Dezember 2014 in The Telegraph:

It is true that the temperature records compiled by the avid warmists of the Met Office and the Goddard Institute for Space Studies (the one formerly run by climate activist James Hansen) have managed to show this year squeaking just ahead of 2010 as “the hottest year since records began”. But the much more comprehensive and reliable satellite records agree that 2014 is way down the list, with six of the past 16 years ahead of it.

Matt Ridley fragte sich am 8. Dezember 2014 in The Times, weshalb die WMO bereits deutlich vor Jahresende mit einer Pressemitteilung über einen angeblich bevorstehenden Temperaturrekord an die Öffentlichkeit trat. Es handelt sich um eine leicht durchschaubare Strategie: Man wollte die Klimatagung in Lima mit schaurigen Nachrichten unterfüttern. Zudem geht es bei dem Rekord um Steigerungsbeträge von wenigen hundertstel Grad im Vergleich zu warmen Vorjahren. Ridley schreibt:

last week, the World Meteorological Organization (WMO), a supposedly scientific body, issued a press release stating that this is likely to be the warmest year in a century or more, based on surface temperatures. Yet this predicted record would be only one hundredth of a degree above 2010 and two hundredths of a degree above 2005 — with an error range of one tenth of a degree. True scientists would have said: this year is unlikely to be significantly warmer than 2010 or 2005 and left it at that.

Judith Curry schlug daher in ihrem Blog am 9. Dezember 2014 eine sehr viel pragmatischere Sichtweise vor:

We won’t really have a good assessment on the temperatures for 2014 until about March 2015, when all of the observations have been assembled and quality controlled. The different temperature datasets and analyses give different results, which reflects the uncertainties in the data and analysis methods. Even if one or several data sets do find 2014 to be the hottest year, given the uncertainties one can only conclude that this is one of the top 5 or so warmest years. The real issue that is of concern to me is the growing divergence between the the observed global temperature anomalies and what was predicted by climate models. Even if 2014 is somehow unambiguously the warmest year on record, this won’t do much to alleviate the growing discrepancy between climate model predictions and the observations.

Dem Deutschlandfunk (DLF) sind solch komplizierte Differenzierungen lästig. Hier wird vielmehr mit der unwissenschaftlichen Holzhammermethode gearbeitet. Das Triumphgeheul des DLF zum Pseudo-Rekord wurde am 3. Dezember 2014 weltweit über den Äther geschickt. Nun, gönnen wir ihnen ihre kindliche Freude und Begeisterungsfähigkeit, bevor die sibirische Kälte demnächst vielleicht wieder nach Europa schwappt und für eine gewisse Ernüchterung sorgen könnte. Interessant sind aber diese zwei Zitate aus der genannten DLF-Berichterstattung:

Nord-Meere im Sommer unerklärlich warm
2014 hielt dabei eine Überraschung bereit: Zwischen Juni und Oktober waren Nordatlantik und Nordpazifik ungewöhnlich warm, ja sogar unerklärlich warm: „Das ist auch der Grund dafür, dass der Ozean in diesem Jahr insgesamt besonders warm ist. Warum die Meerestemperaturen auf der Nordhalbkugel derzeit so hoch sind – diese Frage versuchen Forscher jetzt zu beantworten. Im Moment wissen wir es noch nicht.“

und

Antarktis-Eis gibt Rätsel auf
Ein Rätsel für Klimaforscher wie Baddour ist auch 2014 geblieben: Warum nimmt die Meereisbedeckung in der Antarktis tief im Süden nicht ab, sondern weiter zu? „Das ist eine sehr wichtige Frage! Und wir stellen sie uns schon seit drei Jahren. Es gibt Belege dafür, dass die Winde stärker geworden sind, die um die Antarktis herum wehen. Dadurch wird es kälter, und Wasser kann leichter zu Eis gefrieren. Aber ob es wirklich daran liegt, steht noch nicht fest.“

Da soll noch einer behaupten „The science is settled“…

 

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