Millenniumszyklen vor Florida: Neue Arbeit dokumentiert bedeutenden Einfluss der Sonne auf das Klima vor 7000 Jahren

Das Klima der vergangenen 10.000 Jahre war bei weitem nicht so stabil und monoton wie lange von führenden IPCC-Forschern angenommen. In den letzten zehn Jahren sind aus den verschiedensten Teilen der Erde Fallstudien publiziert worden, in denen ein zyklisches Schwanken des Klimas im 1000-Jahres-Maßstab dokumentiert worden ist (Abbildung 1). Die Klimaänderungen verliefen dabei weitgehend synchron zur Entwicklung der Sonnenaktivität, so dass Änderungen der Sonnenaktivität als Hauptklimaantrieb identifiziert werden konnten. Auch die Klimaentwicklung der letzten 1000 Jahre, einschließlich der Erderwärmung des 20. Jahrhunderts passen gut in dieses bekannte Schema.

Die lange unterschätzten natürlichen „Millenniumszyklen“ werden derzeit von einer ganzen Reihe von Forschungsgruppen untersucht. Die neueste Arbeit hierzu erschien im Juli 2012 im Fachmagazin Paleoceanography. Eine Forschergruppe um Matthew Schmidt von der Texas A&M University untersuchte einen Sedimentkern, der in knapp 200 m Wassertiefe aus dem Meeresboden der Floridastraße erbohrt wurde und die Klimageschichte der letzten 10.000 Jahre erschließt (Abbildung 1). Die Floridastraße ist eine 100 bis 200 Kilometer breite Meeresstraße zwischen dem US-Bundesstaat Florida und Kuba. Durch dieses Nadelöhr zwängt sich auch der Golfstrom auf dem Weg nach Norden, so dass das Gebiet ein wichtiges Verbindungsglied zwischen den Tropen und den hohen Breiten im Atlantik darstellt.

Abbildung 1: Literatur-Übersicht der von solarer Aktivität hervorgerufenen weltweiten Millenniums-Zyklen. Schwarzer Punkt markiert die neue Publikation von Matthew Schmidt und Kollegen aus der Floridastraße.

 

Schon länger ist bekannt, dass das Klimageschehen der Floridastraße eng an die Klimaentwicklung der hohen atlantischen Breiten gekoppelt ist. So stürzten während der Kleinen Eiszeit im Nordatlantik die Temperaturen ab, was im Meeresgebiet vor Florida zu trockeneren klimatischen Bedingungen führte. Ursache war eine Verlagerung der atmosphärischen Zirkulationssysteme, wobei sich die Hadley Zelle und die innertropische Konvergenzzone verschoben hatten.

Matthew Schmidt und seine Kollegen konzentrierten sich in ihrer neuen Studie auf die erste Hälfte der Nacheizeit, 9.000 bis 6000 Jahre vor heute. Waren hier möglicherweise ähnliche Klimamuster ausgebildet, also eine klimatische Austrocknung vor Florida während solarer Flauten und kühlen „Kleinen Eiszeiten“ zu verzeichnen? Zur Beantwortung dieser Frage erstellten die Forscher eine detaillierte Klimarekonstruktion für das Untersuchungsgebiet mit einer Auflösung von etwa 25 Jahren pro Datenpunkt. Die Temperaturentwicklung erfassten sie mithilfe des Magnesium-Kalzium-Verhältnisses von Schalen kalkiger Einzeller, den sogenannten Foraminiferen. Den Salzgehalt rekonstruierte das Team auf Basis von Sauerstoffisotopen. Das Alter der Schichten wurde über die Radiokarbonmethode bestimmt.

Das Ergebnis überrascht nicht: Auch in der frühen Nacheiszeit fielen die trockenen Zeiten in Florida mit Sonnenflauten zusammen. Wenn es sich im Nordatlantik und anderen Teilen der Erde abkühlte, blieb in der Floridastraße regelmäßig der Regen aus. Im Pazifik häuften sich gleichzeitig die El Nino-Ereignisse (Abbildung 2). Der solare Taktgeber wirkte sich zudem auch in vielen anderen Gebieten der Erde aus. So wurde in China während dieser sonnenschwachen Zeiten jeweils eine Abschwächung des asiatischen Monsuns registriert.

Eine Ausnahme von diesem Muster sehen die Autoren im Fall einer trockenen Florida-Phase vor 8200 Jahren. Hier interpretieren sie regionale Abweichungen und das Wirken von systeminternen Zyklen (grauer Balken in Abbildung 2). Wenn man die 2001er Original-Arbeit des Teams von Gerard Bond aus dem Nordatlantik etwas genauer anschaut und den detaillierteren Verlauf verfolgt, so erkennt man jedoch, dass diese Zeit in Bond’s „Abkühlungsphase Nummer 5“ fällt, also durchaus in das Muster zu passen scheint. Weitere Untersuchungen sind wohl notwendig, um die Zusammenhänge vor 8200 Jahren weiter aufzuklären.

Insgesamt stellen Schmidt und seine Kollegen jedoch fest, dass die Sonnenaktivitätsschwankungen auch in der frühen Nacheiszeit einen sehr wichtigen Einfluss auf die globalen atmosphärischen Zirkulationssysteme und die Temperaturentwicklung ausgeübt haben. Dabei entwickelten sich deutlich erkennbare, solar geprägte klimatische Zyklen im Millenniumsmaßstab.

Abbildung 2: Die Klimaentwicklung der frühen Nacheiszeit verlief weitgehend synchron zur Sonnenaktivität (Ausnahme: Abkühlungsphase vor 8200 Jahren, markiert durch grauen Balken). Phasen mit reduzierter Sonnenaktivität führten zu kalten Temperaturen im Nordatlantik und trockeneren Bedingungen vor Florida (blaue gestrichelte Linien). In solar aktiven Zeiten nahm der Niederschlag vor Florida zu (rote gestrichelte Linien). Ergänzt nach Schmidt et al. (2012).

 

Die amerikanischen Wissenschaftler führten auch eine Frequenzanalyse der klimatischen Schwankungen in ihrem frühnacheiszeitlichen Datensatz durch. Dabei ergaben sich charakteristische Zyklen mit Perioden um 1500, 90 und 60 Jahren (Abbildung 3). Den 1500-Jahreszyklus interpretieren Schmidt und Kollegen als den von Gerard Bond zuerst beschriebenen solaren Millenniumszyklus. Aufgrund des kurzen betrachteten Zeitraums von lediglich 3000 Jahren und der begrenzten Genauigkeit der Altersdatierung, könnte die genaue Periodendauer vom genannten Wert jedoch noch abweichen. Vermutlich handelt es sich um eine Kombination des gut dokumentierten 1000-Jahres-Eddy-Zyklus und des 2300-Jahres-Hallstatt-Zyklus (siehe Kapitel 3 in „Die kalte Sonne“). Bei der 90-Jahresperiode handelt es sich um den bekannten solaren Gleissberg-Zyklus. Die im Datensatz enthaltene 60-Jahres-Periode spiegelt höchstwahrscheinlich den Ozeanzyklus der Atlantisch-Dekadischen Oszillation wider.

Die Studie von Matthew Schmidt und seinen Kollegen trägt ein weiteres wichtiges Mosaiksteinchen zum Verständnis der solar angetriebenen klimatischen Millenniumszyklen bei.

Abbildung 3: Frequenzanalyse der Sauerstoff-Isotopen-Zyklen des untersuchten Sedimentkerns für die Zeit von 9100 bis 6200 Jahre vor heute. Aus Schmidt et al. (2012).

 

Siehe auch englischsprachiger Beitrag auf notrickszone.com.

 

Teilen: