Naomi Oreskes schießt mit ihrem Wegener-Bezug ein geniales Eigentor

von Uli Weber

Im September 2013 berief sich Naomi Oreskes in ihrem Nature-Artikel „Earth science: How plate tectonics clicked“ zwecks Stützung eines angeblichen wissenschaftlichen Konsenses über den anthropogenen Klimawandel auf Alfred Wegeners einstmals vom Wissenschaftsmainstream ignorierte Kontinentalverschiebungstheorie, Zitat mit eigenen Hervorhebungen:

“…As an early advocate of an immature theory, Wegener was different. There were substantial differences of opinion about crustal mobility among scientists in the 1920s. By the 1970s, work such as Vine and Matthews‘ study had brought consensus. Fifty years on, history has not vindicated Jeffreys, and it seems unlikely that it will vindicate those who reject the overwhelming evidence of anthropogenic climate change.

Alfred Wegener ist aber nicht nur der Langezeit verkannte „Vater der Plattentektonik“, sondern auch Koautor eines bahnbrechenden Werkes über den globalen Klimawandel, das in der modernen Klimaforschung offenbar ersatzlos „verlorengegangen worden“ ist. In der Einleitung zu ihrem Buch“Die Klimate der geologischen Vorzeit“ (Bornträger 1924) schreiben Köppen und Wegener, Zitat mit eigenen Hervorhebungen:

„… Unter diesen Voraussetzungen gewinnt die Kurve der sommerlichen Strahlungsmengen für die letzten 6500 000 Jahre den Charakter einer absoluten Chronologie des Eiszeitalters. Ihre Einzelheiten stimmen, wie gezeigt werden wird, in weitgehendem Maße mit den Annahmen der hervorragendsten Eiszeitforscher überein, so daß es unnötig erscheint, nach weiteren Ursachen für Klimaänderungen in dieser Zeit zu suchen. Von den zahlreichen sonstigen Hypothesen, die zur Erklärung von Klimaänderungen aufgestellt worden sind, wird daher in diesem Buche nicht die Rede sein. Insbesondere erblicken wir in dem System der fossilen Klimazeugen keinen empirischen Anhalt für die Annahme, daß die von der Sonne ausgehende Strahlung sich im Laufe der Erdgeschichte geändert habe. Desgleichen fehlt es an Tatsachen, welche durch Änderung der Durchstrahlbarkeit der Atmosphäre (Arrhenius) oder des Weltalls (Nölke) zu erklären wären; …“

Ein Nachdruck dieses Buches von Köppen und Wegener mit einer englischen Übersetzung ist nun erhältlich:


 

Unsere Zeit ist geprägt von einer willkürlichen Kenntnisnahme von echten wissenschaftlichen Fakten bei einer gleichzeitigen Übersteigerung von Meinungen und Glauben. Eine schöne Wortneuschöpfung ist daher der Begriff einer „wissenschaftlichen Meinung“, denn eine persönliche Meinung hat in der herkömmlichen Wissenschaft grundsätzlich nichts verloren. Dieses Konstrukt zerfällt bei näherem Hinsehen in drei Teile, nämlich in wissenschaftlich nachprüfbare Fakten, eine wissenschaftliche Expertise und eine persönliche Meinung. Alle drei Teile bilden einzeln, zusammen oder in jeder beliebigen Kombination und Qualität eine solche „wissenschaftliche Meinung“ ab, die damit alles oder nichts oder auch alles dazwischen bedeuten kann. Ein solches Meinungsspektrum führt zwangsläufig zu einer beliebigen Mehrheitsmeinung und widerspricht damit diametral dem Grundverständnis von Wissenschaft.

Man könnte auch von einem Zeitalter der Klimahysterie sprechen, in dem die mediale Verbreitung klimawissenschaftlicher Argumente davon abhängig zu sein scheint, ob diese den Glauben an einen anthropogenen Klimawandel stützen oder nicht. Es ist inzwischen medial und politisch üblich geworden, jedes natürliche oder vom Menschen unmittelbar verschuldete regionale Phänomen und jeden irgendwie gesellschaftlich relevanten Vorgang mit dem angeblich vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung zu bringen oder gar damit zu erklären, zuletzt sogar den Flüchtlingsstrom und den Syrienkrieg. Der deutsche Klimaforscher Hans von Storch hatte die gesellschaftliche Rolle der Klimawissenschaft am 20. Januar 2016 in einer Antrittsvorlesung als „postnormal“ bezeichnet, weil „… Wissensansprüche polarisiert und zur Durchsetzung gesellschaftlicher Interessen produziert und eingesetzt“ werden.

Es ist also schon sehr vermessen, das Schicksal von Alfred Wegeners Plattentheorie als Argument für einen Konsens in den Klimawissenschaften über einen angeblich vom Menschen verursachten Klimawandel heranzuziehen und gleichzeitig seine gegenteiligen klimawissenschaftlichen Arbeiten zu ignorieren. Wenn es ab 2019 auf unserer Erde tatsächlich kälter werden sollte, dann wird Alfred Wegeners zweite bahnbrechende Erkenntnis hoffentlich keine vollen hundert Jahre benötigen, um endlich vom Wissenschaftsmainstream wahrgenommen und anerkannt zu werden.

 

Teilen: