Vormals ungeliebte Ozeanzyklen schaffen in der Fachliteratur den Durchbruch: Temperaturentwicklung der letzten 100 Jahre wurde maßgeblich durch Ozeanzyklen geprägt

In unserem Buch „Die kalte Sonne“ wiesen wir vor zweieinhalb Jahren die deutsche Öffentlichkeit erstmals auf die große Bedeutung der Ozeanzyklen für die globale Temperaturentwicklung hin. In den Ozeanen pulsiert ein bedeutender 60-jähriger Zyklus, der die Temperaturen maßgeblich mitgestaltet. Wenn die Zyklen in ihre sogenannte positive Phase kommen, bringen sie zusätzliche Erwärmung, während sie in ihrer negativen Phase kühlen. Vergleicht man den globalen Temperaturverlauf mit der Entwicklung der Zyklen, wird dieser Zusammenhang überaus deutlich.

Trotz der erdrückenden Beweislast zogen es die IPCC-nahen Klimawissenschaftler dennoch vor, den Zusammenhang zu ignorieren, ja zu leugnen. Denn ein Eingeständnis wäre mit weitreichenden Folgen verbunden: Etwa die Hälfte der zwischen 1977-1998 festgestellten Erwärmung von einem halben Grad wäre nicht etwa dem CO2 zuzuschreiben, wie die IPCC-Modelle annahmen, sondern würden vielmehr von den Ozeanzyklen herrühren. Die CO2-Klimawirkung, die sogenannte CO2-Klimasensitivität, hätte reduziert werden müssen, was die apokalyptischen IPCC-Hitzeszenarien automatisch aus dem Verkehr gezogen hätte. Da man dies auf keinen Fall wollte, mauerte man einfach. Das müssen wohl zwei klimaleugnende Spinner sein, die in den Ozeanzyklen eine ernstzunehmende Konkurrenz für das CO2 vorschlugen.

Heute sieht die Situation bereits ganz anders aus. Die Ozeanzyklen sind als wichtige Klimafaktoren etabliert. Etliche Autoren bestätigten mittlerweile das Modell und konnten in begutachteten Fachartikeln zeigen, dass etwa die Hälfte der letzten Erwärmungsepisode auf die wärmenden Ozeanzyklen zurückging. Im Blog haben wir ausführlich über diese Publikationen berichtet:

 

Nun sind die Ozeanzyklen mittlerweile in eine kühlende Phase eingetreten. Seit 1998 weigern sich die Temperaturen anzusteigen. Die Beteiligung der Ozeanzyklen an dieser Erwärmungspause ist nun anerkannt und wird auch in den kommenden zwei Jahrzehnten eine Rolle spielen. Unsere entsprechenden Blogartikel finden Sie hier:

 

Eine ähnliche Analyse und Prognose hat auch Joseph D’Aleo im icecap-Blog veröffentlicht. Zyklenmäßig befinden wir uns derzeit auf dem Stand der 1950er Jahre, als es ebenfalls 30 Jahre lang nicht wärmer wurde. Das Ganze kann man sich auch in diesem Sachvideo anschauen:

Im Folgenden wollen wir uns auf einen Streifzug durch die neuere Ozeanzyklen-Literatur der vergangenen zwei Jahre begeben. Wie hat sich das Thema entwickelt, wer hat seine Meinung geändert und seine Blockadehaltung vielleicht aufgegeben?

Wir wollen mit einem kleinen Ratespiel beginnen, das wir aus dem Blog C3 Headlines entnommen haben. Betrachten Sie die beiden unten stehenden lila/grün-farbenen Kurven in (a) und (b). Die eine Kurve stellt die globale Temperatur dar, die andere den AMO-Ozeanzyklus der Atlantische Multidekaden-Oszillation. Können Sie erraten, wo die Temperatur und wo die AMO dargestellt ist? a oder b? Die schwarze Kurve in beiden Abbildungen ist die CO2-Entwicklung. Die grüne Kurve stellt die genauen Daten dar, die lilafarbene Kurve ist eine Glättung.

(a)

 

(b)

 

 

Schwierig oder? Hier die Auflösung: oben (a) ist die Temperatur abgebildet (HadCRUT) und unten (b) die AMO.

Mittlerweile wird immer klarer, dass die verschiedenen Ozeanzyklen der Erde (PDO, AMO, NAO…) nicht unabhängig voneinander schwingen, sondern miteinander verknüpft sind (siehe unseren Blogartikel „La Ola im Ozean: Die klimazyklische Stadionwelle“ sowie de Viron et al. 2013). So postulieren Yannick Peings und Gudrun Magnusdottir 2014 in einer Arbeit, dass die AMO der NAO um 10-15 Jahre vorausläuft, was Prognosemöglichkeiten bieten würde. Wenn man sich die Winter-NAO anschaut, ist es allerdings genau anders herum. Die Winter-NAO geht der AMOC zeitlich um etwa ein Jahrzehnt voran (siehe unseren Artikel hier). Bothun & Ostrander von der Universität von Oregon beschrieben das Zusammenspiel von PDO und AMO.

Der Zusammenhang zwischen Temperatur und 60-jährigen Ozeanzyklen hat in den letzten zwei Jahren einen riesigen Erkenntnisschhub erfahren. Cécile Penland und Leslie Hartten zeigten in einer 2014 in den Geophysical Research Letters veröffentlichten Studie, dass die NAO die Temperaturen im nördlichen tropischen Atlantik maßgeblich mitgestaltet hat. Ähnliches fanden auch Schmith et al. 2014: Sie erkannten, dass die AMO die Temperaturentwicklung des Nordatlantiks seit dem Ende der Kleinen Eiszeit Mitte des 19. Jahrhunderts mitgeprägt hat. Im April 2014 erkannten auch Varotsos et al. im Fachmagazin Theoretical and Applied Climatology, dass der Zeitpunkt der beiden Erwärmungsphasen im 20. Jahrhundert wohl nicht ganz zufällig ist, sondern durch die PDO definiert wird. Im gleichen Monat räumten auch Lu et al. 2014 ein, dass die globale Temperaturentwicklung der letzten 100 Jahre im Rhythmus der PDO und AMO ablief.

Im Januar 2013 wurde das Thema auch in ars technica anhand einer Veröffentlichung von Tung & Zhou besprochen. Zuvor hatte sich bereits Marcel Croks Blog De staat van het klimaa mit der Arbeit beschäftigt. Selbst von der IPCC-nahen Nature-Publikations-Familie kann das Thema nicht mehr totgeschwiegen werden. Im Oktober 2012 hatten doch tatsächlich Sutton & Dong in Nature Geoscience angedeutet, dass das nordatlantische Klima durch Ozeanzyklen beeinflusst sein könnte. Im März 2014 versuchten Gao et al. den Einfluss der Ozeanzyklen zu quantifizieren. In einer Arbeit im Fachmagazin Climate Dynamics schreiben sie, dass in Teilen Nordamerikas, Ostasiens, Nord-Euasiens, Nordafrikas und von Grönland wohl mehr als als die Hälfte der langfristigen Temperaturveränderungen auf das Konto der Ozeanzyklen geht. Bemerkenswert ist auch eine Arbeit von Trouet et al. aus 2012. Diese Forscher fanden, dass die NAO zu systematisch gegenläufigen Entwicklungen in Nordwest Europa gegenüber dem Südost-Teil des Kontinents führt.

Es verwundert wenig, dass eingefleischte IPCC-Mitglieder die Zeichen der Zeit nicht erkennen wollen und gegen die Entwicklung anschreiben. So verfasste der schillernde Hockeystick-Autor Michael Mann zusammen mit Kollegen einen Aufsatz, in dem sie versuchen, die AMO zurück ins Glied zu stufen. Dabei fabulieren sie von „Artefakten“ und „mangelhafter Methodik“, was sich aber schnell als Schuss in den Ofen entpuppt. Auf Climate Audit nahm Nic Lewis das Paper fein säuberlich auseinander und entzauberte es. Ähnlich kritische Beiträge erschienen auf WUWT und bei Judith Curry.

Morgen dann der zweite Teil unserer kleinen Ozeanzyklen-Literaturschau. Dann soll es u.a. um Rekonstruktionen der Ozeanzyklen für die letzten Jahrtausende gehen.

 

 

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