Während der Mittelalterlichen Wärmephase gab es in Ostafrika ähnlich viele Dürren wie heute: Feuchtphase während der Kleinen Eiszeit brachte zwischenzeitliche Entspannung

Im Juni 2012 verbreitete dpa via Die Zeit eine fragwürdige Meldung von Unicef, in der ostafrikanische Dürren als Folge der menschengemachten Klimakatastrophe gedeutet werden:

Tag für Tag sterben weltweit 3000 Kinder an Durchfall – hervorgerufen durch schlechte hygienische Verhältnisse. Rund 780 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Darauf machte das Kinderhilfswerk Unicef in Berlin aufmerksam. Besonders drastisch sei die Situation in Afrika. «Die Krise am Horn von Afrika war keine bloße Naturkatastrophe», heißt es im Report. Bedingt durch den Klimawandel wiederholten sich die Dürreperioden jetzt alle zwei bis drei Jahre. Wassermangel erhöhe die Gefahr von Auseinandersetzungen – bis hin zu bewaffneten Kämpfen.

Wenige Monate später erschien im Fachmagazin Nature eine bemerkenswerte Publikation, in der gezeigt werden konnte, dass die Häufigkeit von Dürren in Ostafrika eng an die Entwicklung langmaßstäblicher Ozeanzyklen gekoppelt ist (siehe unseren Blogartikel „Neue Studie in Nature: Ostafrikanischer Dürretrend Teil eines natürlichen Zyklus“). Und auch die zweite Unicef-Behauptung entpuppte sich schnell als falsch (siehe: „Studie der University of Colorado verneint die Hypothese von Klimakriegen in Ostafrika„).

Auch die Diakonie Katastrophenhilfe versuchte die Dürre in Somalia dem Klimawandel anzulasten. Der Deutschlandfunk berichtete im Juli 2012 ausgiebig darüber. Allerdings widerspricht sich der Artikel letztendlich selber. Der Deutsche Wetterdienst wird vom Radiosender befragt und erläutert, dass die Dürre mit einer La Nina-Wetterlage bzw. Ozeanzyklen zu tun hat:

Eine Expertise des kenianischen Wetterdienstes verzeichnet für das vergangene Jahr im Nordosten Somalias zwischen Juni und Juli Niederschläge von gerade einmal 200 Millimeter im Durchschnitt. In normalen Jahren sind die Niederschlagsmengen dreimal so hoch. Doch meteorologisch normale Jahre hat es in Somalia seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr gegeben, erklärt Christiana Lefebre vom Deutschen Wetterdienst Hamburg. So sei die Wetterlage in Ostafrika, speziell in Somalia 2011 extrem gewesen. Lang anhaltender Dürre folgten heftige Regenfälle und Überschwemmungen: „Diese La-Ninja-Phase, die hat sich dort im letzten Jahr ausgewirkt. Die ist einfach mit einer Dürre dort verbunden. Die klimatologische Situation ändert sich dort, und jetzt haben wir eine neutrale Phase, sodass dort die Zirkulation wieder ganz normal ist.“

Bereits 2009 war im Fachmagazin Theoretical and Applied Climatology eine Arbeit eines Teams um Michael Kizza erschienen, in der die Wissenschaftler nach Trends in den Niederschlägen des 20. Jahrhunderts im Bereich des ostafrikanischen Victoriasees suchten. Bei den 20 untersuchten Messstationen überwogen jene mit positiven Trends, das heißt, die Regenmengen hatten in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Einen langfristigen Dürretrend – wie von Unicef behauptet – gibt es nicht. Auszug aus der Kurzfassung der Arbeit:

Trends and step changes in the seasonal and annual total rainfall for 20 stations in the Lake Victoria basin were analysed. […] The results show that positive trends predominate, with most stations showing trend being located in the northern part of the basin, though this pattern is not conclusive. In all, 17% of the cases have trends, of which 67% are positive. The 1960s represent a significant upward jump in the basin rainfall.

Längere Zeitreihen helfen die Auslöser der Dürren in Ostafrika besser zu verstehen. Im Oktober 2013 publizierte eine Forschergruppe um Gijs De Cort von der belgischen Ghent University im Fachjournal Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology die Dürrehistorie des zentralen kenianischen Rift-Valley. Anhand von Seensedimentuntersuchungen konnten die Wissenschaftler zeigen, dass es in den letzten 1700 Jahren immer wieder dürrereiche und dürrearme Phasen gab, die sich abwechselten. Zur Zeit der Mittelalterlichen Wärmeperiode vor 1000 Jahren gab es längere Trockenphasen. Die feuchteste Phase des gesamten Untersuchungszeitraums ereignete sich während der Kleinen Eiszeit. Offensichtlich wirken sich hier die bekannten tausendjährigen Klimazyklen signifikant auf das Dürregeschehen aus. Momentan sind die globalen Temperaturen wieder auf dem Niveau der Mittelalterlichen Wärmeperiode angelangt, so dass aktuelle, vereinzelte Dürrejahre gut ins Bild passen und keine Überraschung darstellen.

Im Februar 2014 erweiterte ein Team um Bronwen Konecky von der Brown University in Rhode Island die Studie. Die Arbeit erschien ebenfalls in Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Anhand von Isotopenuntersuchungen konnten die Wissenschaftler die Dürrezyklik für Kenia während der vergangenen 1700 Jahre bestätigen. Die Gruppe nimmt an, dass der Ausfall des Indischen und Atlantischen Monsuns die Dürren auslöste. Interessanterweise setzte die aktuelle Trockenphase bereits um 1870 ein, also deutlich bevor die industriellen CO2-Emissionen im großen Maßstab begannen. Es handelt sich daher wohl um eine natürliche Entwicklung, wie bereits die Studie von Gijs De Cort und Kollegen andeutete.

Bereits im März 2013 hatte eine Forschergruppe um Helena Öberg von der Universität Stockholm die Dürregeschichte für Nord-Tansania für die Zeit 1000-1800 n. Chr. mithilfe von Pollen und Kieselalgen rekonstruiert. Die Wissenschaftler fanden eine stark ausgeprägte natürliche Variabilität, wobei sich trockene und feuchte Phasen regelmäßig abwechselten. Auch diese Arbeit erschien in Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology.

 

Foto: USAID Africa Bureau / public domain.
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