Alle tausend Jahre eine neue Saheldürre – lange vor dem industriellen CO2

Die Sahara ist die größte Trockenwüste der Welt. Im Sommer können die Temperaturen auf bis zu 60 Grad Celsius ansteigen, während in einigen Winternächten das Thermometer auf frostige minus zehn Grad abfällt. Trotz der extremen Bedingungen leben auch in dieser Region Menschen und Tiere. Kalte-Sonne-Coautor Sebastian Lüning ist ein ganzes Jahrzehnt mit zahlreichen wissenschaftlichen Expeditionen durch die Sahara gestreift und kam dabei auch an den berühmten Felsbildern im libyschen Akakusgebirge sowie den Malereien in Höhlen am Jebel Aweinat vorbei. Mancher Leser kennen diese Bilder vielleicht aus dem bekannten Buch und Film „Schwimmer in der Wüste“. Die Zeichnungen stammen aus einer Zeit vor 8000 bis 5500 Jahren als die Sahara noch begrünt war. Damals bevölkerten Giraffen, Nilpferde und Elefanten das Gebiet. Der Sahel-Regen hatte sich von Süden kommend bis in das Saharagebiet verschoben, und auch die Regenfälle aus dem Mittelmeergebiet drangen von Norden tiefer und häufiger in die Sahara ein.

Was könnte die Ursache der „Grünen Sahara“ gewesen sein? Würde man auf der Straße eine Umfrage durchführen, würden die meisten Passanten wohl antworten, dass es damals wohl kälter gewesen sein muss. Umso überraschender ist es dann, wenn man hört, dass genau das Gegenteil der Fall war. Die globale Durchschnittstemperatur zur Zeit der Grünen Sahara lag damals etwa ein Grad über dem heutigen Niveau. Ursache war ein Strahlungsmaximum auf der Nordhalbkugel durch die langen Milankovic-Zyklen (siehe Kapitel 3 in „Die kalte Sonne“).

Ein wärmerer Planet machte die Sahara in der Vergangenheit feuchter. Könnte dies eigentlich auch für die heutige Zeit gelten? Wie haben sich die Sahara und benachbarte Regionen in den letzten Jahren verändert? Glaubt man den Prophezeiungen einiger interessierter Gruppen, so müsste die Sahara durch den menschengemachten Klimawandel immer trockener werden.

Doch die Realität sieht anders aus. Beduinen der Sahara berichten, dass es in den letzten Jahren wieder ungewöhnlich viel geregnet hat. Jonathan Seaquist konnte in einer 2009 im Fachmagazin Biogeosciences veröffentlichten Studie zusammen mit Kollegen anhand von Satellitendaten zeigen, dass die Photosyntheseaktivität in der Sahelzone zwischen 1982 und 2002 signifikant angestiegen ist. Die Lebensbedingungen für Pflanzen haben sich in dieser Zeit spürbar verbessert. In ihrer Studie fanden die Forscher zudem heraus, dass weder die Bevölkerungsentwicklung im Sahel, noch landwirtschaftliche Aktivität einen nennenswerten Einfluss auf die Vegetationsdynamik genommen hat, selbst in den dichter besiedelten Gebieten des Sahel. 

Es gibt gute Hinweise darauf, dass die extreme, temporäre Dürrephase im Sahara/Sahel-Gebiet ab Mitte der 1960er Jahre durch den Rhythmus von Ozeanzyklen bestimmt wurde. Diese Zyklen führen im Maßstab von mehreren Jahrzehnten zu einem natürlichen Wechsel von Dürren und feuchteren Phasen.

Hinzu kommen noch natürliche Schwankungen im Bereich von einigen bis vielen Jahrhunderten. Eine US-amerikanische Forschergruppe um Christopher Bernhardt vom Geologischen Dienst der USA hat sich jetzt einmal die nacheiszeitliche Geschichte der Dürren am Nordrand der Sahara angeschaut. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Mai 2012 im Fachmagazin Geology. Grundlage der Untersuchungen war ein 28 m Sedimentkern, der aus der Burullus Lagune im ägyptischen Nildelta erbohrt wurde. Die Wissenschaftler interessierten sich vor allem für den jüngeren, oberen Teil dieses Kerns, der die letzten 7000 Jahre abdeckt. Anhand der Pollenzusammensetzung von 74 Einzelproben konnten Bernhardt und seine Kollegen Änderungen in der Vegetation der Lagune rekonstruieren, welche letztendlich Schwankungen in der Wasserführung des Nils widerspiegeln. Die Alterseinstufung erfolgte dabei mithilfe von sieben Radiokarbonalter welche mit biostratigraphischen Fossilaltern abgeglichen wurde.

Wie nicht anders zu erwarten, konnten die Autoren in ihrem Lagunenkern zunächst einmal die warm-feuchte Phase der „Grünen Sahara“ nachweisen. Gegen Ende der Grünen Sahara verlagerte sich die innertropische Konvergenzzone dann dauerhaft nach Süden und der Sommermonsun schwächte sich ab.

Das Klima begann plötzlich wild im Millenniumstakt zu schwanken. Die Forscher fanden eine ganze Reihe von ausgeprägten Dürrephasen mit geringer Wasserführung des Nils, die sich 6000-5500, 5000, 4200 und 3000 Jahre vor heute ereigneten. Interessanterweise herrschten zu den gleichen Zeiten auch in anderen Teilen der Welt trockene Phasen, so dass von einer überregionalen Entwicklung mit einem gemeinsamen Taktgeber auszugehen ist. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die innertropische Konvergenzzone global verschoben hat. Einige der genannten Dürrephasen sind aus historischen Berichten aus Ägypten und dem Mittleren Osten bekannt und waren damals am Kollaps großer Zivilisationen beteiligt.

Offensichtlich war das Klima der Region in den letzten tausenden von Jahren alles andere als stabil. Es traten signifikante Schwankungen auf, deren Muster dringend weiter untersucht werden müssen. Denn nur wenn das natürliche Grundmuster und seine Antriebsfaktoren klar sind, kann der industrielle Einfluss des Menschen nach 1850 herausgearbeitet werden. Momentan scheint es jedoch, dass jegliche Veränderung stets dem Menschen angelastet wird, was aufgrund der vorliegenden Belege starker vorindustrieller Klimaschwankungen schlicht unwissenschaftlich ist.

Was war letztendlich der Auslöser der wiederholten Nil-Dürreperioden der letzten 7000 Jahre? Was steckt hinter der vermuteten Verschiebung der innertropischen Konvergenzzone? Christopher Bernhardt und seine Kollegen lassen diesen Punkt weitgehend offen. Ein Vergleich mit den solar-angetriebenen Millenniumszyklen, wie sie von Gerard Bond aus dem Nordatlantik und anderen Stellen der Erde beschrieben wurden, bringt jedoch einen ersten Anhaltspunkt. So fällt die Dürrephase vor 6000-5500 Jahren interessanterweise in eine von Bond beschriebene und als „Nummer 4“ nummerierte Kälteperiode, während der die Sonne besonders schwach war. In ähnlicher Weise ereignete sich die Dürreperiode vor 4200 Jahren zeitgleich zu Bonds solararmer Kälteperiode „Nummer 3“. Schwache Sonne – tiefe Temperaturen – wenig Regen in Sahel/Sahara? Das würde doch eigentlich mit starke Sonne – höhere Temperaturen – mehr Feuchtigkeit in Sahel/Sahara passen.

Berücksichtigt man die bestehenden Unsicherheiten in der Altersdatierung und das simple lineare Altersmodell, könnte dies durchaus eine lohnende Spur sein. Weitere Forschung auf diesem Gebiet ist dringend notwendig.

Abbildung 1: Dürrephasen im Nileinzugsgebiet markiert durch grau hinterlegte Zonen. Die Wassermenge des Nil war zu diesen Zeiten reduziert (Ausschläge der Kurve nach links), basierend auf Pollen-Analysen. Abbildung aus Bernhardt et al. (2012).

 

Mit Dank an B. Adam für Recherchehinweise.
Foto oben rechts: fr:Utilisateur:Jgremillot / Lizenz:  GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder spätere Version
Siehe auch englischsprachiger Bericht auf notrickszone.com sowie USGS Pressemitteilung.
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