IPCC sauer: Mysteriöser natürlicher Klimawandel in der Mongolei – lange bevor die Schlote rauchten

Am 11. März 2014 berichtete die Süddeutsche Zeitung über einen Klimawandel der ganz natürlichen Art:

Wie der Klimawandel Dschingis Khan half
Der Aufstieg der Mongolen im 13. Jahrhundert gibt Historikern noch immer Rätsel auf: Wie konnte ein zerstrittenes Nomadenvolk innerhalb weniger Jahre das größte zusammenhängende Reich der Weltgeschichte errichten, und selbst hochentwickelte Mächte wie die der Jin-Dynastie in China bedrohen? Nach neuen Forschungsergebnissen hatte der Mongolenfürst Dschingis Khan einen natürlichen Verbündeten: ein günstiges Klima während seiner Herrschaft half dem Mongolen, seine Macht auszubauen. „Das Regionalklima zur Zeit der Eroberungen Dschingis Khans war warm und sehr feucht“, berichten Forscher um Neil Pederson von der Columbia University im Fachblatt PNAS (online). Eine solche milde Phase sei innerhalb der letzten 1100 Jahre einzigartig in der Mongolei gewesen.

Die warmen und feuchten Bedingungen kamen den Mongolen damals entgegen:

Mit dem feuchten Klima und der plötzlichen Nahrungsvielfalt gediehen die Herden der Mongolen. Mit einem Mal wurde es möglich, einen großen Hofstaat und viele Kämpfer zu unterhalten. Die Kriegerkultur erblühte, schlussfolgern die Forscher. Diese fünfzehn überdurchschnittlich feuchten Jahre ab 1211 seien genau auf das Erstarken des mongolischen Imperiums gefallen. Von 1180 bis 1190, kurz bevor Dschingis die Stämme einte, litten die Nomaden hingegen unter Dürre und bekriegten sich gegenseitig. Der Übergang von Trockenheit zu Feuchtigkeit habe den Aufstieg des Khans dann begünstigt.

Was löste den natürlichen Wechsel von kalt und trocken hin zu warm und feucht aus? Dazu schweigen sich die PNAS-Autoren in der Kurzfassung ihrer Arbeit aus. Und auch in den entsprechenden Berichten im Independent, BBC, Columbia University, Scientific American sucht man vergeblich nach Erklärungsmöglichkeiten. Die BBC „vergaß“ sogar zu erwähnen, dass das Klima zu Dschingis Khans Zeiten nicht nur feucht, sondern auch warm war. Vielleicht machte man sich Sorgen, dass Zuhörer auf die Idee kommen könnten, dass die moderne Klimaerwärmung erneut fruchtbare Regenfälle in die Mongolei bringen könnte.

Ganz so einfach ist es in der Tat nicht, wie eine Arbeit aus dem August 2013 in den Quaternary Science Reviews zeigt, an der auch Forscher des Bremerhavener Alfred Wegener Instituts beteiligt waren. Anhand von Pollenuntersuchungen wurde in dieser Studie das Monsungeschehen in China und der Mongolei für die vergangenen 1200 Jahre rekonstruiert. Das Ergebnis: Die Übergangszone vom Monsun zu den Westwinden war im Untersuchungszeitraum durch starke natürliche klimatische Schwankungen charakterisiert. Die feuchtesten Bedingungen in der Zentral-Mongolei herrschten dabei während der Kleinen Eiszeit. Die trockensten Bedingungen hingegen wurden in den letzten 50 Jahren verzeichnet.

Mal fallen die feuchten Zeiten in warme Phasen, mal in kalte. Und all diese Schwankungen laufen vollkommen natürlich ab, lange bevor der Mensch den CO2-Gehalt der Erde in die Höhe trieb. Könnten die anderthalb feuchten Jahrzehnte eventuell durch Ozeanzyklen angetrieben worden sein (siehe unseren Blogartikel „Schon immer musste China unter Dürren leiden: Schwankungen der Sonnenaktivität und pazifische Ozeanzyklen sind die Hauptauslöser„)? Interessant ist auch, dass sich 2009/2010 in der Mongolei der kälteste Winter der letzten 50 Jahre ereignete. Hirten verloren fast zwei Drittel ihrer Herden aufgrund des harten Winters. Die Klimaerwärmung treibt schon seltsame Blüten.

Vorindustriellen Klimawandel kann man auch in Nordwest-Indien bestaunen. Im Februar 2014 erschien im Fachmagazin Geology ein Artikel eines Teams um Yama Dixit mit dem Titel „Abrupt weakening of the summer monsoon in northwest India ~4100 yr ago“. Thema: Vor 4100 Jahren wurde Nordwest Indien von einer schrecklichen 200-Jahre andauernde Dürre heimgesucht. Die Trockenheit führte zum Niedergang der Indus Zivilisation. Im Folgenden der Abstract der Arbeit:

Climate change has been suggested as a possible cause for the decline of urban centers of the Indus Civilization ∼4000 yr ago, but extant paleoclimatic evidence has been derived from locations well outside the distribution of Indus settlements. Here we report an oxygen isotope record of gastropod aragonite (δ18Oa) from Holocene sediments of paleolake Kotla Dahar (Haryana, India), which is adjacent to Indus settlements and documents Indian summer monsoon (ISM) variability for the past 6.5 k.y. A 4‰ increase in δ18Oa occurred at ca. 4.1 ka marking a peak in the evaporation/precipitation ratio in the lake catchment related to weakening of the ISM. Although dating uncertainty exists in both climate and archaeological records, the drought event 4.1 ka on the northwestern Indian plains is within the radiocarbon age range for the beginning of Indus de-urbanization, suggesting that climate may have played a role in the Indus cultural transformation.

Das pdf der Arbeit ist kostenfrei herunterladbar. Im Text spekulieren die Autoren, dass wohl pazifische Ozeanzyklen (ENSO) der Auslöser gewesen sein könnten. Das Wort „solar“ fällt im Text kein einziges Mal, obwohl hier wohl eine viel bessere Erklärung zu finden wäre (siehe unseren Blogartikel „Der Verdacht erhärtet sich: Änderungen im Indischen Monsun maßgeblich von Schwankungen der Sonnenaktivität gesteuert„).

 

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